Die belgische Künstlerin Berlinde De Bruyckere (geb. 1964) zählt mit ihren eindrücklichen Skulpturen, die den menschlichen Körper in seiner rohen Schönheit und Verletzlichkeit in den Fokus rücken, zu den international bekanntesten Bildhauerinnen der Gegenwart. In scheinbar zeitlosen Figuren setzt sich De Bruyckere mit existenziellen Fragestellungen von Leben und Tod sowie Schmerz und Leid auseinander und betont die Verankerung der menschlichen Existenz im fleischlichen Körper. Entgegen dem Verständnis des Körpers als fixe Entität scheinen die fragmentierten Leiber ihrer wächsernen Skulpturen – die einen geradezu unheimlichen Realismus aufweisen – einem ständigen Prozess der Transformation zwischen Werden und Vergehen ausgesetzt. So gelingt es der Künstlerin ihre Fragestellungen vor dem Horizont der Finalität menschlichen Lebens zu artikulieren, ebenso wie die Tatsache anzusprechen, dass jeder Körper Metamorphosen durch persönliche, soziale und politische Prozesse ausgesetzt ist. Den Formationen und Deformationen des menschlichen Körpers als Ort historischer Einschreibungen nimmt sich De Bruyckere mit ihren Skulpturen an, indem sie sich nicht nur von aktuellen Medienbildern, sondern auch von der klassischen Ikonografie der Kunstgeschichte inspirieren lässt, die sie mit ihrer Arbeit für die Gegenwart aktualisiert. Die erste umfassende Einzelausstellung der Künstlerin in Wien – die durch die Präsentation zentraler Arbeiten und Werkserien aus den letzten zwei Jahrzehnten besticht – gleicht damit einer Interpretation allgemein menschlicher Erfahrungswerte über die Darstellung von Leiblichkeit. Zusätzlich bildet das Leopold Museum, mit seinem Fokus auf Kunst der Wiener Moderne, einen einmaligen Resonanzraum für die Personale: Denn vergleichbar den Bestrebungen von De Bruyckere trachteten auch die Künstler der Wiener Moderne danach, »das Fleisch zu erkennen« (Werner Hofmann) und gingen hierbei »vom Figurativen in die Defiguration«, um »Leben und Tod, Eros und Thanatos, Lustprinzip und Todestrieb zu verschränken.« (Jacques Le Rider).
Text: Leopold Museum | Foto: Leopold Museum
Externer Link: Leopold Museum
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