Das imaginäre Museum Werke aus dem Centre Pompidou, der Tate und dem MMK

24.3 – 4.9.2016 | MMK

Drei renommierte europäische Museen für moderne und zeitgenössische Kunst –das Centre Pompidou, die Tate und das MMK Museum für Moderne Kunst führen bedeutende Werke aus ihren Sammlungen zu einem imaginären europäischen Museum zusammen.

Den konzeptuellen Ausgangspunkt für diese Ausstellung bildet eine Zukunftsvision: Wir schreiben das Jahr 2052. Die Museen sind von der Auslöschung bedroht, und die Kunst verschwindet aus der Gesellschaft. „Diese einzigartige internationale Museumskooperation vereint vor dem Hintergrund eines solchen Science-Fiction-Szenarios über 80 Hauptwerke der zeitgenössischen Kunst. Drei große europäische Sammlungen verbinden sich zu einem transnationalen Museum auf Zeit“, erläutert Dr. Susanne Gaensheimer, Direktorin des MMK Museum für Moderne Kunst, das Projekt. Die Bandbreite der gezeigten Werke reicht von bedeutenden künstlerischen Positionen aus den 1920er-Jahren bis in die jüngste Gegenwart. Unter anderem sind Arbeiten von Louise Bourgeois, Marcel Duchamp, Isa Genzken, On Kawara, Claes Oldenburg, Sigmar Polke, Bridget Riley, Andy Warhol und vielen mehr zu sehen.

Die Ausstellung ist inspiriert von Ray Bradburys 1953 erschienenem Science-Fiction-Roman Fahrenheit 451 und dessen legendärer Verfilmung von François Truffaut. Bradbury entwirft das Bild einer Zukunft, in der literarische Werke aus der Gesellschaft verbannt sind. Die einzige Möglichkeit, sie für nachfolgende Generationen zu bewahren, liegt darin, die Werke zu erinnern. Die Ausstellung Das imaginäre Museum führt in eine Zeit, in der die präsentierten Kunstwerke kurz vor ihrer Vernichtung stehen. So wie Bradburys „Büchermenschen“ die literarischen Werke nur durch Auswendiglernen vor dem Verschwinden bewahren können, lädt die Ausstellung die Besucher dazu ein, sich die gezeigten Werke einzuprägen. Die Betrachter können sich die Werkbeschriftungen mitnehmen und um ihre persönlichen Erinnerungen in Form von Skizzen, Notizen oder Zeichnungen ergänzen.

Der Ausstellungstitel verweist auf das „Musée imaginaire“ des französischen Schriftstellers und Politikers André Malraux (1901–1976), der die These vertrat, dass sich ein jeder durch die fotografische Reproduktion von Werken sein persönliches Museum zusammenstellen könne –losgelöst von Zeit und Raum. „Das imaginäre Museum“ schafft, so Malraux, eine Kunst der Fiktion, in der die Wirklichkeit wie in Romanen von der Fantasie abhängig ist.

Die Zukunftsvision erlebt der Besucher auf einem in neun Stationen unterteilten Rundgang. „Bei den ausgestellten Werken handelt es sich ausnahmslos um Arbeiten, die es vermögen, kunstimmanente Qualitäten und Prozesse zu veranschaulichen, wie etwa die Transformation des Alltäglichen, das Spiel mit der Wahrnehmung, das Reisen durch Raum und Zeit sowie die Verschlüsselung von Botschaften. Die Stationen sind nach Werken der Weltliteratur benannt, wie Die Verwandlung nach Franz Kafka oder Die Zeitmaschine nach H. G. Wells. Sie eröffnen Assoziationsräume für persönliche Interpretationen“, sagt Peter Gorschlüter, Kurator der Ausstellung.

Beim Aufgang ins MMK 2 wird der Besucher von On Kawaras Audio-Installation One Million Years begleitet. Im Jahr 2052 angekommen, begegnen dem Betrachter zunächst drei Werke aus dem MMK, dem Centre Pompidou und der Tate, die alle mit der Idee des Verschwindens spielen. So belegt etwa die Fotografie Louvre, Paris von Paul Almásy aus der Sammlung des MMK die Evakuierung des Pariser Museums im Jahr 1942. Die nachfolgenden Stationen sind nach bekannten Buchtiteln benannt. So finden sich zum Beispiel im Abschnitt Die Verwandlung jene Kunstwerke, welche die Fähigkeit haben, Alltagsgegenstände zu transzendieren, wie Andy Warhols 100 Campbell’s Soup Cans (1962) oder Claes Oldenburgs Soft Typewriter, Ghost-Version (1963) aus der Sammlung des MMK. Das Kapitel Die Vermessung der Welt vereint Arbeiten, die Naturphänomene, Ordnungssysteme und abstrakte Begriffe erfassen. Die Zeitmaschine lässt unter anderem mit Dan Grahams Videoinstallation Present Continuous Past(s) (1974) aus der Sammlung des Centre Pompidou die Besucher durch die Zeit reisen und mit Absalons Cell No. 1 (1992), einer futuristisch anmutenden Wohneinheit aus der Sammlung der Tate, stellen sich Fragen nach dem Verhältnis zwischen der Selbstbestimmung des Individuums und den Gesetzen der Gesellschaft. Unter der Überschrift Enigma endet der Ausstellungsparcours mit einer Hommage an das Rätselhafte und Unbegreifliche in der Kunst, mit Werken von Hans Haacke, Walid Raad, Jeff Wall und vielen mehr. Durch eine Altbautür verlässt der Besucher die Zukunft und kehrt zurück in unsere heutige Vergangenheit.

Nach ihrer Laufzeit eröffnet die Ausstellung ein letztes Mal für ein großes Abschlusswochenende am 10. und 11. September. Die Kunstwerke sind dann fast alle entfernt und durch Personen ersetzt, die durch ihre persönlichen Erinnerungen und Interpretationen die Ausstellungsstücke wiedergeben und sie auf diese Weise zurück ins Bewusstsein rufen. Die Besucher werden zu Botschaftern der Kunst, zu „Bildermenschen“, welche die Ausstellung in ein lebendiges Museum verwandeln.

Text: MMK | Foto: MMK
Externer Link: MMK

 

 

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