EIN LEBEN AN DER STAFFELEI – KÄTE SCHALLER-HÄRLIN ZUM 140. GEBURTSTAG

23.7. – 12.11.17 | Kunstmuseum Hohenkarpfen

Käte Schaller-Härlin (1877 – 1973) zählt zu den spannendsten und vielfältigsten Künstlerinnen des deutschen Südwestens. Das regionale Ausstellungsinstitut Kunststiftung Hohenkarpfen im Landkreis Tuttlingen präsentiert 2017 anlässlich ihres 140. Geburtstags erstmals einen Überblick über ihr facettenreiches Werk. Die Ausstellung umfasst Studienblätter aus Italien, Entwürfe für sakrale Wand- und Glasmalereien, Porträts und Stillleben sowie Landschaftsmalerei.
Viele der in der Kunststiftung Hohenkarpfen gezeigten Werke sind erstmals in der Öffentlichkeit zu sehen. Sie bieten einen völlig neuen Blick auf das Schaffen der Malerin. So war zum Beispiel bisher nicht bekannt, dass sie auch in der Landschaftsmalerei brillierte. Die Studienblätter hingegen ermöglichen es, ihre künstlerische Entwicklung nachzuvollziehen. Die Entwürfe für die sakralen Wand- und Glasmalereien gewähren spannende Einblicke in ihre Arbeitsweise.
Schaller-Härlins Schaffen spannt sich vom späten 19. Jahrhundert bis weit in die 1960er Jahre. Sie wurde 1877 als Tochter eines Missionars in Mangalore in Indien geboren und besuchte bereits mit 16 Jahren die Städtische Gewerbeschule in Stuttgart. Anschließend studierte sie an der Damen-Akademie des Münchner Künstlerinnen-Vereins, während sie bereits Illustrationen für die Zeitschriften „Jugend“ und „Meggendorfer Blätter“ schuf. Sie unternahm mehrfach Italienreisen, studierte die alten Meister und übte sich in der Accademia di belle arti im Aktzeichnen.

Im Sommersemester 1909 hörte Käte Schaller-Härlin die Vorlesungen Adolf Hölzels, der mit seinen Studenten kurz zuvor in den Pfullinger Hallen die Wandmalerei erneuert hatte. Außerdem besuchte sie in Paris vermutlich als Gasthörerin die Académie Matisse und studierte bei Maurice Denis. Mit ihren hoch gelobten sakralen Wand- und Glasmalereien eroberte sie eine damalige Männerdomäne. Mehr noch: In der Zusammenarbeit mit Martin Elsaesser, der als der Architekt des modernen protestantischen Kirchenbaus gilt, avancierte sie zu einer Schlüsselfigur im Bereich der neuen Sakralkunst.
1911 heiratete sie den Kunsthistoriker und Kunsthändler Dr. Hans Otto Schaller, unter dessen Leitung das Stuttgarter Kunsthaus Schaller zu einer bedeutenden Ausstellungsstätte für die aktuelle südwestdeutsche Kunst wurde. Nach dessen Tod im Ersten Weltkrieg, der sie in eine tiefe Krise stürzte, begann ihre erfolgreiche Karriere als Porträtmalerin: Sie porträtierte bedeutende Köpfe aus Politik, Wissenschaft und Industrie, war auch im Ausland, in der Schweiz, Spanien und Italien, gefragt. Sie lebte fortan nur noch für ihre Malerei, schuf in großer Zahl Porträts und Stillleben sowie einige wenige Kirchenfenster. Ihre besten Porträts entstanden vor allem in den 1920er Jahren, in denen sie sich stilistisch der Neuen Sachlichkeit annäherte.

Einen tiefen Einschnitt bildete die Zerstörung ihres Stuttgarter Hauses 1944, bei dem Schaller-Härlin zahlreiche Werke und große Teile ihrer persönlichen Habe verlor. Mit ihrer Hausangestellten Anna Zaiss zog sie nach Eschach bei Schwäbisch Gmünd, wo sie nach anfänglichen Schwierigkeiten weiter malen konnte. Sie porträtierte nicht nur in der Region, sondern reiste auf sogenannten „Malfahrten“ unter anderem nach Berlin und Hamburg.

Ab Herbst 1950 lebte sie in der „Villa Schaller“ auf dem Rotenberg, die Martin Elsaesser 1911 für ihren Schwiegervater errichtet hatte. Das einst imposante Gebäude hatte Kriegsschäden erlitten und bot eine zunächst nur provisorische Wohn- und Arbeitssituation. Dort erfuhr das Schaffen der „Bergschallerin“, wie sie sich selbst nannte, einen letzten Höhepunkt. Sie porträtierte zahlreiche bürgerliche Familien des Umlands. Besonders gefragt waren jedoch ihre einfühlsamen Kinderporträts. Sie war nun eine Stuttgarter Institution. Ausstellungen, meist im Kunsthaus Schaller, und ausführliche Presseberichte begleiteten ihre runden Geburtstage. Die letzten Auftragsporträts entstanden Ende der 1960er Jahre. Danach entstanden meist nur noch kleinformatige Stillleben, in der Regel als Geschenke. 1967 erhielt Käte Schaller-Härlin eine offizielle Ehrung: wie zuvor anderen bedeutenden Malerinnen, etwa Maria Caspar-Filser, wurde ihr das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse verliehen.

 

Text: Kunstmuseum Hohenkarpfen | Foto: Kunstmuseum Hohenkarpfen
Externer Link: Kunstmuseum Hohenkarpfen

 

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