von Dieter Begemann //
Der (historische) Konstruktivismus suchte seine künstlerische Energie aus dem Dialog zwischen Ästhetik und Wissenschaften wie der Mathematik zu gewinnen: Insofern ist das aktuelle Ausstellungsprojekt des Züricher Haus Konstruktiv absolut auf der Linie des Hauses, nur eben in die Gegenwart verlängert – oder in die Zukunft! Es geht um die viel diskutierte Arbeit des 1973 in Argentinien geborenen Tomás Saraceno. Längst sind dessen Auftritte internationale Zugnummern, wenn er unter Dachkuppeln filigrane Netze hängt, in deren Maschen sich die Besucher – in ziemlich schwindelnder Höhe – wiegen können. Saraceno, der heute in Berlin lebt, kommt aus der Installationskunst und ihrem Hang zum Ausgreifen in den Raum. Er geht dabei aber einen entscheidenden Schritt weiter, denn seine technisch überaus anspruchsvollen Einbauten in vorhandene Architektur überschreiten die Grenze von der bildhaften zur „realen“ Architektur. Die Antwort auf die Frage der obigen Überschrift müsste also lauten: Beides!
Die Züricher Schau, entwickelt in Zusammenarbeit mit dem Wilhelm-Hack-Museum im deutschen Ludwigshafen, firmiert unter Aerosolar Journeys. An der Schnittstelle von Kunst, Architektur und Naturwissenschaften stellt Saraceno hier Überlegungen an zu zukünftigen menschlichen Gesellschaften und ihren Modi des Wohnens und Reisens. Modellhaft für die angedachten „Wolkenstädte“ könnten dabei möglicherweise die baulichen wie sozialen Strukturen von Spinnenvölkern sein, die zu sehen sein werden.
Text aus der kunst:art 55
Tomás Saraceno. Aerosolar Journeys
1.6. – 3.9.2017, Museum Haus Konstruktiv
Selnaustr. 25, CH-8001 Zürich
Tel.: +41-44-2177080
Di – So 11 – 17 Uhr, Mi 11 – 20 Uhr, Eintritt: 16 CHF, erm. 12 CHF
www.hauskonstruktiv.ch
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