Wenn das Wort zum Bilde wird. Ausstellung im Schafhof zum 500. Reformationstag

1.7. – 20.8.2017 | Schafhof - Europäisches Künstlerhaus Oberbayern

Joachim Maria Hoppe: Du, 1994.

von Bence Fritzsche //

Am Anfang war das Wort, so beginnt das Johannesevangelium und es hat damit recht, wenn es um die Geschichte der Menschheit, um die Menschwerdung und den Menschen geht. Das Wort, die Sprache, ist ja nicht nur ein komplexes menschliches Verständigungsmittel und eine der Grundlagen der Zivilisation. Sprache ist die Basis für alles, was uns die Welt erklärt, was uns die Welt beeinflussen lässt, was uns in der Welt handeln lässt und miteinander erleben lässt. Das Wort wird in der Schrift vererbbar, übertragbar, deutbar. Sprache ist dann aber auch das Gegenteil von Bild, wird erst wieder in der Schrift zum Abbild, wird darin bildnerisch behandelbar. Der „Schafhof“, das Europäische Künstlerhaus Oberbayern in Freising, nimmt den 500. Jahrestag der Reformation zum Anlass, eine Ausstellung zum Thema „Sprache in der bildenden Kunst“ auszurichten. Die Werkschau „Wo das Wort ist“ findet im Rahmen ihres Jahresthemas „Sound“ statt. Gezeigt werden Arbeiten der Künstler Claudia Barcheri, Heike Berl, Valentino Betz & Florian Ecker, Alexis Dworsky, Joachim Maria Hoppe und Andreas Stetka.

So lehnt sich der Titel der Ausstellung „Wo das Wort ist“ an einen Satz Luthers an: „Gott ist überall, will aber nicht, dass du überall nach ihm tappest, sondern wo das Wort ist, da tappe nach, so ergreifest du ihn recht.” Was Gott nun will oder  nicht will, lässt sich vom heutigen Standpunkt nicht so wahrlich nachvollziehen, aber dass der Glaube dort realisiert wird, wo das Wort zu finden ist, wo es gebraucht und benutzt wird, leuchtet jedem ein. Und hier kommt auch das mosaische Bilderverbot zur Sprache, nach welchem die bildliche Darstellung dessen, was wir unter Gott begreifen, verboten ist. Dem kommt die katholische Kirche weitgehend nicht entgegen, die protestantische dann doch viel eher, und der Islam in striktester Weise. Wer eine Moschee betritt, wird kein einziges Bild entdecken, dafür aber wichtige Glaubenswörter.

Worte können, wie der Glaube auch, Berge versetzen, das gilt nicht nur für die Zeit der Reformation, sondern auch für die Zeiten der Revolution und bis in unser Heute hinein. Wort und Schrift waren zu Zeiten Luthers in einem revolutionären Umbruch begriffen. Durch den Buchdruck, durch die Übersetzung der Bibel wurde die Schrift gewissermaßen demokratisiert. Der Vergleich mit den gegenwärtigen Umbrüchen durch die digitale Revolution drängt sich auf, die unsere heutigen Kultur- und Lebensbereiche entscheidend beeinflusst. In beiden Fällen entstand eine sprunghafte Entwicklung bei der massenwirksamen Etablierung neuer Begriffssysteme wie Schrift oder Computercode. In der Ausstellung „Wo das WORT ist“ werden Kunstwerke verschiedener Sparten gezeigt, in denen das „Wort“ in den unterschiedlichsten Formen auftaucht ? z. B. als Zeichen, Symbol, Anagramm oder Brailleschrift.

Bence Fritzsche ist Chefredakteur der Zeitschrift atelier.

Text aus der kunst:art 56

Wo das Wort ist
1.7. – 20.8.2017, Schafhof – Europäisches Künstlerhaus Oberbayern
Am Schafhof 1, D-85354 Freising
Tel.: +49-8161-146231
Di – Sa 14 – 19 Uhr, So 10 – 19 Uhr
Eintritt frei
schafhof-kuenstlerhaus.bezirk-oberbayern.de

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