Frieden leben oder in Frieden leben. Zwölf Künstler in der Schirn suchen nach Antworten

1.7. – 24.9.2017 | Schirn Kunsthalle Frankfurt

 

von Dr. Milan Chlumsky //

 
Zwei Versionen des bekannten lateinischen Diktums zu Krieg und Frieden gibt es. „Si vis pacem para bellum“, sagte Marcus Tullius Cicero im Jahr 43 v. Chr. vor dem römischen Senat, um deutlich zu machen, warum kein Frieden mit Marcus Antonius geschlossen werden kann und soll. 400 Jahre zuvor findet sich eine ähnliche Feststellung in einer Abhandlung über die Kriegsführung (“Epitoma rei militaris”) des Militärschriftstellers Flavius Vegetius Renatus, eines reichen römischen Aristokraten: „Qui desiderat pacem, bellum praeparat”. Cicero wusste: Wenn du den Frieden willst, bereite den Krieg vor. Vegetius hatte noch vom Wunsch gesprochen: „Wer den Frieden wünscht, bereite den Krieg vor”.  Noch sehr oft griff die Menschheit seitdem zum Schwert (zum Bajonett, zur Kanone, zur Atombombe), um politische, ökonomische oder nur fadenscheinige Gründe manus militari zu lösen. Doch wie wäre es, wenn man die Idee des Friedens anders begreifen würde denn als eine kurze Zeitspanne, die man am besten dazu nutzt, um sich für den Krieg zu rüsten? Dies ist das Anliegen des Ausstellung in der Frankfurter Schirn, denn sämtliche Kriegslösungen, die die Menschheit seit mehreren Tausend Jahren parat hielt, haben sich als unwirksam erwiesen.

So lassen sich auch die beiden Arbeiten des Performancekünstlers Ulay interpretieren, der sich mit dem Thema Wasser auseinandersetzt, dessen Knappheit schon heute als Ursache künftiger Kriege gilt. Während sich die eine Arbeit gänzlich dem ökonomischen Aspekt widmet (hinter der leuchtenden Schrift “Whose water is this?” leuchten Symbole wie €, Dollar und Pfund an der Wand auf), zeigt die andere wie fragil und zugleich komplex diese Thematik ist: Ein Wassertropfen fällt auf eine heiße Oberfläche, platzt und verschwindet. Der Künstler selbst folgt mit dem schonungslosen Körpereinsatz in seinen Performances dem antiken Ideal des Heldentums und der Selbstaufopferung. Es verdeutlicht, dass man eher den Mechanismen des Krieges als denen des Friedens zu folgen bereit ist.  Die Ausstellungsmacher haben sich aber bewusst dafür entschieden, die Frage nach dem Frieden zu stellen: Wie funktioniert er, welche Voraussetzungen sind nötig, damit der Logik des Krieges entsagt wird und neue Wege beschritten werden? In zwei Punkten sind sich die zwölf zu der Ausstellung geladenen Künstlern einig: Ohne Mitwirkung vieler geht es nicht und ohne Rücksicht auf die Umwelt auch nicht. Die mexikanische Künstlerin Minerva Cuevas widmet sich – wie Ulay – dem Thema Wasser, die amerikanische Künstlerin Isabel Lewis (die New Yorkerin war zuvor als Tänzerin bekannt) entwarf eine Installation, die wie eine Bühne fungiert und an alle Sinne appelliert, Hören, Riechen, Sehen, Bewegen und Schmecken.

“Wie geht Frieden?” Ist ein Versuch, in den heutigen unruhigen Zeiten eine andere existentielle Logik zu etablieren. Nicht mehr “Es ist Krieg und keiner geht hin”, sondern “Es ist Frieden und alle sind da”. Es scheint, dass die Künstler ein besonderes Gespür für zukünftige gesellschaftliche Entwicklungen haben.

Text aus der kunst:art 56

Peace
1.7. – 24.9.2017, Schirn Kunsthalle Frankfurt
Römerberg , D-60311 Frankfurt
Tel.: +49-69-299882112
Di – So 10 – 19 Uhr, Mi + Do 10 – 22 Uhr
Eintritt: 9 €, erm. 7 €
www.schirn.de

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