Produzentenmessen – Schaden oder Chance für Galerien?

Ein Kommentar von Christian Corvin in der kunst:art 56

Wenn man gemeinhin von einer quantitativen Zunahme der Kunstmessen in den letzten Jahren spricht, so ist das zwar richtig, aber trotzdem auch nur die halbe Wahrheit. Betrachtet man nämlich nur die klassischen Messen wie Art Basel und Art Cologne, so dürfte das Ergebnis anders ausfallen. Hier ist die Zahl der Kunstmessen recht stabil. Was sich geändert hat und immer noch ändert, ist, dass es immer mehr vollkommen unterschiedliche Kunstmessen gibt. Wir sind quasi Zeuge einer Demokratisierung des Kunstmarktes: So gibt es auch immer mehr Kunstmessen, auf denen sich Künstler selbst vermarkten oder bei denen es ein preisliches Limit für den Verkauf von Kunst gibt. Die Folge: Die Kunstbegeisterten hängen sich nicht mehr den Kunstdruck in ihr Heim, sondern echte Kunst für wenig Geld!

Galerien sehen Produzentenmessen häufig mit Unbehagen. Ist es doch ihr Job, Kunst in den Kunstmarkt hinein zu verkaufen. Oftmals besteht auch die Befürchtung, dass Kaufkraft ihrer Klientel in den direkten Markt abwandert. Und zudem bedeutet ja der angesprochene Demokratisierungsprozess, dass jemandem Kontrolle verloren geht. Es entsteht ein Kunstmarkt jenseits der klassischen Galerien, der früher im Verborgenen, in den Ateliers stattfand, und der nun immer mehr in die Öffentlichkeit strebt.

Aber vielleicht sollten die Galerien einfach nur mit ein bisschen mehr Selbstbewusstsein an die Sache herangehen? Denn ich bezweifle, dass die Arbeit der Galerien überflüssig wird und ich bezweifle erst recht, dass Geld aus dem Markt abfließt. Im Gegenteil, meiner Meinung nach überwiegen die Chancen!

Erstens sind die Produzentenmessen niedrigschwellig: Manch einer traut sich nicht sofort in eine Galerie oder auf eine hochwertige Kunstmesse. Es überwiegen Ängste davor, sich zu blamieren, zu hohe Preise nicht bezahlen zu können und nicht dazuzugehören. Mit dem Seiteneinstieg in den Kunstmarkt können diese Ängste schrittweise abgebaut werden.

Zweitens wird derjenige, der erst einmal Geld für echte Kunst ausgegeben hat, vielleicht auch ein Gespür für Qualität entwickeln. Das bedeutet, wenn man erst einmal 1.500 Euro auf einer Produzentenmessen für ein Bild ausgegeben hat, dann merkt man unter Umständen, dass es sinnvoll ist, 4.000 Euro in einer Galerie für ein sehr gutes Kunstwerk seiner Wahl und mit Beratung des Galeristen auszugeben.

Als dritter Punkt bleibt noch, dass es auch für Galeristen sinnvoll sein kann, mit offenen Augen über die Produzentenmessen zu gehen. Denn es kann ja durchaus vorkommen, dass ein Künstler kein Netzwerk hat und den Weg zu Galerien nicht geschafft hat. Möglicherweise findet man genau auf diesen Messen einen Künstler für das eigene Galerienprogramm … Ein Blick schadet ja nicht!

Das Galeriengeschäft ist hart! Galeristen machen für die Kunst, für Künstler und Käufer mehr, als so mancher sieht. Und dabei gibt es manche Hindernisse: Unseriöse Galeristen, kulturfeindliche Politik, Konzentrationsprozesse bei den Galerien, verändertes Kaufverhalten weg von den Galerieräumen hin zu den Kunstmessen wie der Art Basel und vieles mehr! Aber die Produzentenmessen sind – wenn gute Galeristen die oben genannten Chancen erkennen und nutzen – ein Segen für die Galerien!

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