Soundkultur statt Bildkultur. Videokunst und Popmusik im Marta Herford

16.7. – 15.10.2017 | Marta Herford

Doug Aitken, Song 1, 2012. Courtesy Hirshhorn Museum and Sculpture Garden, Smithonian Instition and 303 Gallery.

 

von Liane Wendt //

 

Die neue Ausstellung im Marta Herford widmet sich der Musik in der Kunst, blickt auf das Zusammenspiel von Bild und Sound als eine Erweiterung der künstlerischen Praxis. Das Medium der Videokunst erweitert den traditionellen Kunstbegriff, eröffnet neue Möglichkeiten zur Reflexion zeitgenössischer Strömungen und Entwicklungen, aber auch alter immer wiederkehrender Themen. Die Bedeutung der Musik wird dabei immer prägnanter, sie wird zur “künstlerischen Kommunikationsform”. So auch in Anri Salas Arbeit “Le Clash” von 2010. Worte treten bei seinen Videoarbeiten in den Hintergrund. Sala bleibt seinem Thema treu, er realisiert dies immer wieder in unterschiedlichen Geschichten und Videos, die er mit seiner eigenen Ästhetik erzählt. Es entstehen auch in Le Clash Klangwelten der Erinnerung. “Ein Ort kann nur durch seine Präsenz eine eigenartige Stille in eine unbehagliche Lautheit verwandeln.”

Musik, speziell Populärmusik, spielt als Spiegel der Populärkultur eine wichtige Rolle in den Videoarbeiten der letzten Jahre. Sie ist Stimmungsträger und Sprachrohr, Leitbild und auch gesellschaftlicher Spiegel. Die Videoarbeit von Masbedo “2’59” von 2014 erinnert daran. 2’59 ist die Länge des John Lennon Songs Imagine, eine moderne Hymne, Ausdruck eines Wunsches, einer Utopie. Der Künstler unterbricht auf brachiale Weise den friedvollen Song, bis er nur noch eine verstümmelte Form seiner selbst bleibt – Neubeginn oder endgültige Absage an eine Hoffnung?

Ein Spiegel der Populärkultur ist auch Christian Jankowskis Werk “The day we met” von 2003. Entstanden für eine Ausstellung in Korea, spiegelt die Arbeit den Wunsch nach Selbstinszenierung, verbunden mit dem Medium, das zur Selbstinszenierung geschaffen wurde – Karaoke. Fatima Al Qadiri erschafft mit ihrer Installation “Vatican Vibes” von 2013 eine Art Paralleluniversum. Mit einer Mischung aus elektronischer Musik und gregorianischen Gesängen werden Bilder heraufbeschworen, die auf den ersten Blick stark an den Film “Tron” beziehungsweise “Tron Legacy” erinnern. Ihr Werk ist jedoch geprägt von Krieg und Politik ihres Landes und der Perspektive einer arabischen Frau.

Weitere Arbeiten von Jeremy Deller & Cecilia Bengolea, Mohamed Bourouissa, Cyprien Gaillard, Wolfgang Tilmans und Doug Aitken ergänzen das Thema der Ausstellung. Marta schafft eine spannende Zusammenstellung interessanter Werke, die alle etwas gemein haben; die erzeugten Soundscapes sind, ob neu komponiert oder Verarbeitungen aus der Populärmusik, entscheidener Bestandteil der Installation. Die Kuratoren von Mix it! wollten explizit ein jüngeres Publikum mit einbeziehen, das sich oft über Videos identifiziert oder mitteilt. Mit den neun Arbeiten der Ausstellung soll ein “Blickwechsel auf kulturelle und gesellschaftliche Zusammenhänge” erreicht werden. Dazu wird die Lippold-Galerie zu einem Video-Sound-Parcours umgewandelt. Mit einer Web-App hat der Besucher Zugriff auf weitere Informationen und Zusatzmaterial zur Ausstellung und den einzelnen Werken.

 

Text aus der kunst:art 56

 

Mix it – Popmusik und Videokunst
16.7. – 15.10.2017, Marta Herford
Goebenstr. 2 – 10
D-32052 Herford
Tel.: +49-5221-9944300
Di – So 11 – 18 Uhr
Eintritt: 8 €, erm. 4,50 €
www.marta-herford.de

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