Mondgänse. Agnes Meyer-Brandis im HeK in Basel

7.9. – 12.11.2017 | HeK Haus der elektronischen Künste

 

von Karin Gerwens //

 

Es ist nicht ganz einfach, Fiktion und Wissenschaft in Einklang zu bringen. Der Künstlerin Agnes Meyer-Brandis ist das gelungen: Ihr Forschungsgebiet ist die Grenze zwischen Fakt und Fiktion, Fantasie  und Technologie. Zahlreiche Projekte belegen das: In einem fantastischen Experiment mit Gänsen erforscht sie die Möglichkeit eines Fluges zum Mond mit einem Gefährt, das von „Mondgänsen“ gezogen wird.

Ausgehend von dem Roman „The Moon Goose Colony“, den Francis Gordon 1603 verfasst hat und in dem von Gänsen berichtet wird, die die Fähigkeit besitzen, zum Mond zu fliegen, experimentiert Meyer-Brandis mit eigenen Entenküken. Als „Entenmutter“ kümmert sie sich nicht nur liebevoll um deren Wohlergehen, sondern bildet die Tiere zu Astronauten aus.

Analog zu Autor Gordon, der alle 28 Kapitel seiner altertümlichen Science-Fiction-Geschichte methodisch dokumentiert hat, werden die Texte zu Bildsequenzen der Astronauten-Küken von einer männlichen Stimme formal-wissenschaftlich vorgetragen. Die offensichtliche Diskrepanz zwischen der poetischen Herangehensweise und dem nüchternen Vortrag führt zu einer gewollt skurrilen Schieflage, die durch den Einsatz von Instrumenten aus der Raumfahrt noch verstärkt wird.

Weitere Forschungsgebiete der Künstlerin sind Naturphänomene wie wandernde Bäume oder Wolkenkerne, die sie mit einem Scanner durchleuchtet hat, als sie einer Einladung der deutschen Raumfahrtagentur gefolgt ist. Die Künstlerin, die kurze Zeit Mineralogie in Aachen studierte, hat Kernbohrungen im Rahmen ihrer „Studien für subterrane Eisvorkommen“ durchgeführt. Für ihre semi-wissenschaftlichen Arbeiten wurde das „Forschungsfloß – Institut für Kunst und subjektive Wissenschaft“ gegründet, in dem sie in verschiedenen Abteilungen ihre Arbeiten verwaltet.

Die Grenzen der Realität werden bei Meyer-Brandis oftmals bewusst überschritten, Formulierungen wie „fantastische Realitätsanwendungen“ untermauern die Widersprüchlichkeit ihrer Arbeiten, die sie jedoch stets mit wissenschaftlicher Ernsthaftigkeit durchführt. Unterstützung erfährt sie von Fachleuten wie Geophysikern, Mineralogen oder Höhlenforschern.

In der Ausstellung werden mehrere raumgreifende Installationen zu sehen sein, ebenso Videoarbeiten und Skizzen. Neueste Forschungsergebnisse aus dem Bereich der Baumwanderung hat Agnes Meyer-Brandis aus der SMEAR Waldforschungsstation in Hyytiälä, Finnland, nach Basel mitgebracht, wo sie sich in den letzten Jahren mehrmals zu Forschungszwecken aufgehalten hat.

 

Text aus der kunst:art 57

 

Agnes Meyer-Brandis: Wolkenkerne, Mondgänse und Wanderbäume
7.9. – 12.11.2017, HeK Haus der elektronischen Künste
Freilager-Platz 9, CH-4142 Münchenstein / Basel
Tel.: +41-61-2836050
Mi – So 12 – 18 Uhr
Eintritt: 9 CHF, erm. 6 CHF
www.hek.ch

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