Genie der Selbstinszenierung. – Albert Speer-Ausstellung im Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände

bis zum 6.1.2018 | Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände

Museen der Stadt Nürnberg, Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände. Foto: Stefan Meyer.

 

von Dr. Milan Chlumsky //

 

Am 159. Verhandlungstag der Alliierten-Prozesse gegen einige Protagonisten des Nazi-Regimes gab der einstige Rüstungsminister (und engste Freund) von Adolf Hitler, Albert Speer, zu Protokoll, dass er im Februar 1945 beabsichtigt hätte, durch die Frischluftanlage Giftgas in den Führungsbunker zu leiten und dadurch Hitler und seine engsten Mitarbeiter zu töten. Empört sagt der später zum Tode verurteilte Ex-Reichsmarschall Hermann Göring zu seinen Mitangeklagten Rudolf Heß und Admiral Dönitz gebeugt: „Wir hätten ihm nie vertrauen dürfen“. Laut genug, dass es auch andere hörten. Und später in seiner Zelle wurde Göring deutlicher: „Dieser verdammte Trottel Speer (…) Zu denken, dass ein Deutscher so niederträchtig werden kann, um sein lausiges Leben zu verlängern …“ Offensichtlich schon, denn während die anderen zum Tode verurteilt wurden, brauchte Speer nur in Spandau 20 Jahre auf seine Freilassung zu warten.

Sehr schnell gelang es ihm danach, die Öffentlichkeit von seinem „Nichtwissen ob der Gräueltaten der Nazis“ zu überzeugen. Er prägte das Bild eines unpolitischen Technokraten und Künstlers, der mit Verbrechen wie in Auschwitz nichts zu tun hatte. Er fand aber auch Unterstützung, wo man es nie erwartet hätte, etwa bei Willy Brandt. Auch wenn er sich nie auf Führerbefehle berief oder versuchte, wenigstens einen Teil des daniederliegenden Landes vor der zerstörerischen Wut Hitlers zu retten, blieb er für die einen ein Verräter; andere fanden ihn mutig und schrieben ihm Zivilcourage zu. Ein Rätsel bleibt er nach wie vor.

 

Albert Speer in der Bundesrepublik. Vom Umgang mit deutscher Vergangenheit
bis zum 6.1.2018, Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände
Bayernstr. 110, D-90478 Nürnberg
Tel.: +49-911-2317538
Mo – Fr 9 – 18 Uhr, Sa + So 10 – 18 Uhr
Eintritt frei
museen.nuernberg.de/dokuzentrum

 

Text aus der kunst:art 58

 

Ein Zuschuss der Stiftung Mercator ermöglicht nun die Herstellung einer adaptierten Version der Ausstellung, die nach dem Ende ihrer Nürnberger Laufzeit durch Deutschland wandern wird. Als Standorte zugesagt bzw. derzeit in Planung sind das NS-Dokumentationszentrum in Prora auf Rügen, ein Ausstellungsort in Berlin, das Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg, das ElDe-Haus in Köln sowie das Deutsche Bergbaumuseum in Bochum.

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