
vom Dieter Begemann //
Wie auf Stichwort passt in die aktuelle Debatte um geschlechtliche Identität und die damit einhergehende Befragung des Körperbildes die aktuelle Soloschau im Zürcher Migrosmuseum für Gegenwartskunst: Sie gilt Charles Atlas und damit einem der wichtigsten Künstler an der Schnittstelle zwischen Video und Performance- bzw. Tanzkunst. Atlas (*1949) wurde vor allem bekannt durch seine Zusammenarbeit mit Choreografen wie Merce Cunningham. Hier, wie auch bei der Kooperation mit dem Modedesigner und Performancekünstler Leigh Bowery, galt, dass der Blick des Videokünstlers keineswegs derjenige von außen war, in der Art eines Dokumentaristen. Ganz im Gegenteil, Atlas verstand sich immer als integraler Teil der von ihm thematisierten Szene, dem einschlägigen Undergroundmilieu. Objekt und Subjekt sind sich ganz nah, gar identisch. Und wenn Atlas dokumentarisch zu werden scheint, dann ist das blanke Fiktion, wie in Hail the New Puritan (1986).
Seine erste institutionelle Einzelschau in der Schweiz – sie wurde kuratiert von Raphael Gygax – bringt mit einer Auswahl von Arbeiten aus den letzten beiden Jahrzehnten und einem eigens konzipierten neuen Werk eindringlich eine Position zu Gehör, die mit ihrem kritischen Interesse am körperpolitischen Diskurs und den Möglichkeiten der Performativität in produktiven Dialog mit der Sammlungspolitik des Migrosmuseum tritt. Sie ist jedoch alles andere als museal: Atlas beeinflusste mit seiner Bildsprache voller Verfremdungen eine ganze Generation jüngerer Filmmacher.
Charles Atlas
17.2. – 13.5.2018, Migros Museum für Gegenwartskunst
Limmatstr. 270, CH–8005 Zürich
Tel.: +41-44-2772050
Di – Fr 11 – 18 Uhr, Do 11 – 20 Uhr, Sa + So 10 – 17 Uhr
Eintritt: 12 CHF, erm. 8 CHF
www.migrosmuseum.ch
Text aus der kunst:art 59
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