Das Wiener Aquarell. – Themenausstellung in der Wiener Albertina

16.2. – 13.5.2018 | Albertina

Rudolf von Alt, Blick in die Alservorstadt, 1872.

 

von Dr. Michael Nießen //

 

Aqua, also Wasser, ist die Hauptsubstanz. Wozu noch die Farbe kommt. Zusammen mit staubförmigen Farbpigmenten und wasserlöslichen Bindemitteln ergibt sich dann durch die Wassermenge, mit der die „trockenen“ Farben aufgemischt werden, entweder die Möglichkeit, ein Deckfarbenbild, eine Gouache, wo in den meisten Fällen noch Deckweiß beigemischt wird, zu malen, oder ein Aquarell. Mit „Wasserfarben“ – und das ist der Überbegriff – sind alle diese Bilder gemalt, wobei die größte Menge an Wasser das (nomen est omen) Aquarell benötigt.

So skizziert, grob zusammengefasst, in einem exzellenten Aufsatz im Katalog der kommenden Ausstellung der Albertina in Wien die Kuratorin Maria Luise Sternath die Technik jener Malerei, die vornehmlich im Wien des 19. Jahrhunderts eine besondere Blüte erlebte. Wann und wo wurde in der letzten Zeit eine so spezielle Präsentation eines eigentlich längst vergessenen Kunstgenres vorgenommen? Ein Genre, dem im 16. Jahrhundert immerhin Albrecht Dürer durch Pinselzeichnungen mit Wasserfarben zu einer eigenen Kunstgattung verhalf – man denke nur an seine Landschaftsaquarelle oder Tierzeichnungen. Umso dankenswerter ist die Tatsache, dass die Albertina, die etwa 2.500 Aquarelle österreichischer Künstler des 19. Jahrhunderts verwahrt, 90 davon in dieser Schau der Öffentlichkeit zugänglich macht. Ergänzt werden die eigenen Bestände durch wenige, aber bedeutende Leihgaben aus Privatsammlungen.

Jakob Alt, Thomas Ender, Matthäus Loder, Peter Fendi und Moritz Michael Daffinger, alle tätig im Vormärz und unter Metternichs Regime, sind wohl die bekanntesten Künstler ihres Genres, wozu dann auch noch – eigentlich in erster Linie Maler – Anton Romako und August von Pettenkofen kommen. Natürlich kann man sie alle als Künstler der Biedermeierzeit ansehen, man denke nur an Peter Fendis Idylle der Haus- und Familienszenen oder Daffingers Grillparzer-Porträt von 1827. Doch geht ihre Reichweite nicht nur bei der Porträtierung bis an die Spitze der Gesellschaft, bedenkt man die Förderung der beiden Künstler, Vater und Sohn Jakob und Rudolf von Alt, durch Metternich in Kreisen des Adels. Er empfahl sie auch dem Erzhaus und allen seinen Mitgliedern, Künstler, die dann in der Regierungszeit Kaiser Franz-Josephs, während des Baus der Ringstraße und des Erstarkens des Bürgertums auch dort Mäzene und Auftraggeber fanden. Dabei ist vor allem Rudolf von Alt zu erwähnen. Wie schreibt Werner Telesko in seinem Artikel im Katalog über dessen wohl berühmtestes Aquarell „Blick auf Wien von der Spinnerin am Kreuz“: „Diese beeindruckende Inkunabel der frühen Landschaftskunst in Österreich formulierte auch hinsichtlich des Sujets eine neue Lösung, da die Zurückdrängung des städtischen Vedutencharakters naturgemäß eine stärkere Präsenz von Landschaftsmotiven zur Folge hatte.“ Dieses Zitat zeigt deutlich die Vielschichtigkeit der Aquarellmalerei, nicht nur, was die Landschaftsdarstellung angeht, kam doch damals ein ganz anderes Medium langsam aber unaufhaltsam auf den Plan: die Fotografie.

Zum Schluss seien noch jene Worte der Albertina zitiert, die deren Ausstellungskonzept einleiten: „Transparenz, Strahlkraft der Farben und atmosphärische Wirkung sind die besonderen Qualitäten der Wiener Aquarellmalerei des 19. Jahrhunderts. Virtuose Stadtansichten und Landschaften, detailverliebte Portraits, Genrebilder und Blumenstücke bilden den reichen Motivschatz.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.

 

Das Wiener Aquarell
16.2. – 13.5.2018, Albertina
Albertinaplatz 1, 1010 Wien
Tel.: +43-1-534830
täglich 10 – 18 Uhr, Mi + Fr 10 – 21 Uhr
Eintritt: 12,90 €, erm. 7 – 9,90 €
www.albertina.at

 

Text aus der kunst:art 59

 

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