Die Liebe mit ihren Ambivalenzen. – What is Love? – Nähe, Begehren und Beziehungen im Kallmann-Museum

10.2. – 13.5.2018 | Kallmann-Museum Ismaning

 

von Stefan Simon //

 

Was ist Liebe? Die Ausstellung „What is Love? – Nähe, Begehren und Beziehungen“ mit Arbeiten von 13 internationalen Künstlern nimmt sicherlich nicht für sich in Anspruch, diese Frage zu beantworten, sondern sie nähert sich dem emotionalen Thema in vielen Facetten und lässt dem Besucher die inspirierende Möglichkeit, sich in diesem vielschichtigen opulenten Stimmungsbild seine individuelle Antwort darauf zu finden. „Wenn sich die Kunst an die Liebe herantraut, dann tut sie das mit all ihren Ambivalenzen“, so Museumsleiter Rasmus Kleine. Über Jahrhunderte hinweg und in verschiedenen Kulturen wurde und wird die Liebe ganz unterschiedlich verstanden und gelebt, so wie es auch heute noch viele verschiedene Konzepte und Vorstellungen von Liebe gibt. Wie lässt sich nun so ein nicht materialisierbares Gefühl in zeitgenössischer Ausdrucksweise darstellen? Die Gemälde, Zeichnungen, Videos, Installationen, Schrift-Bilder liefern durchaus inspirierende, aber auch betörende und irritierende Ansätze.

Eric Fischl beleuchtet in seinen großformatigen Gemälden den Alltag einer, so scheint es, eingespielten Beziehung eines Paares. Woran aber erkennen wir, dass das Paar sich liebt? Und ob es sich überhaupt liebt? Womöglich ist alles nur eine Illusion, die mit unseren gängigen Vorstellungen von Partnerschaft spielt. Cornelia Schleime bricht in ihren starken Gemälden mit den klischeebehafteten Vorstellungen von Weiblichkeit, Laszivität und Verführung. Daniela Comani spürt in ihrer Fotoserie Rollenbildern einer glücklichen Ehe nach, während Verena Jaekel Familienkonstellationen mit gleichgeschlechtlicher Elternschaft thematisiert. Cornelius Völker malt lediglich riesige sinnliche Lippen, das Künstlerkollektiv Neozoon zeigt Hausfrauen, die an ihren Haustieren Zärtlichkeitsgesten vollziehen. Der wahrscheinlich am weitesten verbreitete Ausdruck von Liebe ist der Kuss. Zumindest in unserer Kultur. Den millionenfach im Film vorgeführten Kuss hat Klaus vom Bruch zum Ausgangspunkt seines Videos genommen, das Liebesszenen aus Hollywood-Filmen demaskiert, während Julie Nymann in ihrem Video das Begehren nach sich selbst und den zum Scheitern verurteilten Versuch, sich selbst zu küssen, zum Thema macht. Der Nähe und Intimität, die entsteht, wenn Menschen, die sich nicht kennen, zu Liebesliedern miteinander tanzen, spürt Christodoulos Panayiotou nach. Sonja Alhäusers Bilder kreisen um Genuss, Sünde, Vergänglichkeit. Das Projekt von Jenny Rova, die den öffentlichen Auftritten ihres Ex-Freundes bei Facebook folgt und sich mit überklebten Fotos an die Stelle seiner aktuellen Freundin setzt, spielt jenseits von jeglicher dramatischen Romantik in der digitalen Jetztzeit. Das Scheitern der Liebe, die Eifersucht, auch das gehört eben dazu. Und Pietro Sanguineti spannt schließlich in seinen Schrift-Bildern den Bogen von der Asche, die entsteht, wenn die Glut der Liebe erloschen ist, hin zum Porno, der Lustbefriedigung verspricht. Liebe kann so vieles sein. Langweilig ist sie sicherlich nicht. Nicht im wahren Leben und vor allem nicht in der Kunst.

 

What is Love? – Nähe, Begehren und Beziehungen
10.2. – 13.5.2018, Kallmann-Museum Ismaning
Schloßstr. 3b, D-85737 Ismaning
Tel.: +49-89-9612948
Di – So 14:30 – 17 Uhr
Eintritt: 4 €, erm. 3,50 €
www.kallmann-museum.de

 

Text aus der kunst:art 60

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