Ein Wiener Diwan

25.4.2018 – 20.1.2019 | MUSA Museum Startgalerie Artothek

Gerwald Rockenschaub, Ohne Titel, 1999

von Sabine Scheltwort //

„Smashed to pieces / in the still of the night – Zerschmettert in Stücke / im Frieden der Nacht“, skizzierte der amerikanische Bildhauer und Konzeptkünstler Lawrence Weiner 1991 mit Filzstift auf Papier. Es war die Zeit des Umbruchs in Europa, als der eiserne Vorhang zwischen Ost und West gefallen war und der Kalte Krieg endgültig vorüber zu sein schien. Wien rückte ins Zentrum einer sich nach Osten öffnenden Kunstszene. Die große Freiheit spiegelte sich auch in der Vielfältigkeit der künstlerischen Ausdrucksformen wider. Lawrence Weiners Spruch wurde anlässlich der Wiener Festwochen 1991 am oberen Teil der Fassade des Flakturms im Esterhazy-Park angebracht und damals als fulminanter Antikriegsspruch gedeutet. Die Kulturpolitik sah darin eine Umdeutung des Flakturms vom Symbol des Nationalsozialismus zu einem Mahnmal gegen den Krieg. Lawrence Weiner selbst wies 21 Jahre später in einem Interview darauf hin, dass sein Werk sich nicht direkt auf die Pogromnacht beziehe, sondern weitaus offener und universeller gedacht sei. Ihn habe interessiert, dass klirrende Flaschen inmitten der Stille der Nacht anders klingen. Menschen sollten aus seiner Kunst nehmen, was sie daran anspreche.

Mit 77 Künstlern bzw. Künstlergruppen von Siegfried Anzinger bis zu Robert Zahomicky startet das MUSA seinen dreiteiligen Überblick über die 90er Jahre. Vertreten sind auch Martha Jungwirth, die gerade wiederentdeckte große alte Dame der Wiener Kunstszene, und der Videokünstler Nicolas Jasmin alias N.I.C.J.O.B. mit seinem wilden Video „* O … + ! (Patrick)“ von 1999 , in dem ein Mann mit seinem Kopf auf eine Motorhaube trommelt.

 

Die 90er Jahre
25.4.2018 – 20.1.2019
MUSA Museum Startgalerie Artothek
Felderstr. 6-8
A-1010 Wien
Tel.: +43-1-40008400
Di – So 10 – 18 Uhr
Eintritt frei
www.musa.at

 

Erstveröffentlichung in kunst:art 61.

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen