Höhenrausch – Das andere Ufer

24.5. – 14.10.2018 | OÖ Kulturquartier

Alexander Ponomarev, The Flying Ship, 2018 (Foto Florian Voggeneder)

von Andreas Egger //

„Wasser“ ist in seiner existenziellen und kulturellen Bedeutung für das Menschenleben ein beliebtes Thema für die Kunst. Als physisches wandlungsfähiges Material erweisen sich seine Eigenschaften stets als Herausforderung für die künstlerische Gestaltung. Amorphität und Reflexionsvielfalt bieten Möglichkeiten für die Kunst, im Spiel der Bewegung eine lebensbejahende, aber auch bedrohliche Symbolik zu erhellen. Vor diesem Hintergrund stellt Höhenrausch in Linz/OÖ heuer ein besonders umfangreichreiches Projekt vor, in dem mehr als 40 internationale künstlerische Beiträge das Phänomen „Wasser“ in seiner Vielschichtigkeit unter die Lupe nehmen: als Raum des Scheiterns, des Aufbruchs, des Austausches, der Überwindung und der Utopie. Orientierungspunkt ist dabei immer das andere Ufer, manchmal leicht zu erreichen, manchmal hinter dem Horizont in unendliche Ferne gerückt. Beziehungsfelder erzeugt nicht nur ästhetische Wahrnehmung durch die Substanz Wasser, sondern auch dessen Unergründlichkeit, Begrenzung und Entgrenzung. Die Filmarbeiten von Lukas Marxt (*1983) verschränken Performance, Installation und Landart. Minutenlange Einstellungen mit subjektiver Kamera lassen Bilder mit suggestiver Kraft entstehen.

„Two Skies“ (2013) zeigt zwei Horizonte eines Gasfeldes, gefilmt bei Morgen- und Abenddämmerung von einer Bohrinsel im Tampengebiet Norwegens. In einer Spiegelung des Meeres an der Horizontlinie, die wie ein Lichtschnitt das Auge anzuziehen vermag, klingt das gedämpfte stählerne Meerrauschen wie aus einem Science-Fiction-Film. Das alldurchdringende Blau mit blinkenden weißen Wellen umfasst das Zusammenspiel von Himmel, Wolken und Wasser und versetzt sie in eine Balance von meditativer Ruhe und Unbehagen. Mit Studierenden der Kunstuniversität Linz kreiert Leo Schatzl (*1958) eine groß angelegte Rauminstallation im Stahlgerüst des Daches am Offenen Kulturhaus. „Loose Harbour“ nennt sich der Schiffskörper, der auch Inseln und Transitzonen umfasst und beleben wird. Ein transportierter Holzcontainer ist Fracht der mehrjährigen Geschichte von „Floating Village“, eine Serie von Prozessen mit Wasserflächen im öffentlichen Raum – etwa mit Booten, Flößen und Schwimmkörpern als „soziale, schwimmende Skulptur“. Andreas Strauss (*1968) schafft ein zweistöckiges Gebäude aus gestapelten Rahmen und Teilen von Containern, das in den nächsten Jahren als Ausstellungsraum, Kiosk, Aussichtsplattform und Erholungsgebiet fungieren wird und zunächst als soundspace Verwendung findet. Der in Frankreich lebende Künstler Didier Fiúza Faustino (*1968) bedient sich in der Installation „New Wave” herkömmlicher Metallzäune, die wie eine langgedehnte Spirale durch die Luft geschleudert werden. Die Wellenbewegung öffnet Begrenzungen, die sonst Menschenströme regulieren, und schlägt von einem Ufer zum anderen. In der Dynamik dieses „Befreiungsaktes“ verweist der Künstler auf den Strom der Menschen in Not.

Mit ihrem Fotoprojekt „Atlantic”(2009) macht Jeannette Ehlers (*1973) mit Spiegelungen an der Wasseroberfläche Personen sichtbar, die Gewässer überqueren. Das Wasser fungiert dabei als Speicher von Geschichten des Lebens und Überlebens. So lässt Ehlers den Betrachter im Unklaren, ob diese Menschen noch existieren, untergegangen sind oder das rettende Ufer erreicht haben.

Letzlich stellt das fliegende Schiff des russischen Künstlers Alexander Ponomarev (*1957) den Blickfang im Höhenrausch 2018 dar. In 50 Metern Höhe schwebt der Koloss auf einem Kranturm mit abgespannten Tauen aus einer Skelettkonstruktion aus Stahl und Aluminium. Der Höhenrausch ist zu Recht ein kulturelles Highlight in Linz und stellt vor allem auch einen Fixpunkt im städtischen Tourismus dar.

Höhenrausch – Das andere Ufer
24.5. – 14.10.2018
OÖ Kulturquartier
OK Platz 1
A-4020 Linz
Tel.: +43-732-784178
Täglich 10 – 20:30 Uhr
Eintritt: 12 €, erm. 6 – 9,50 €
www.hoehenrausch.at

 

Erstveröffentlichung in kunst:art 61.