Ein souveränes Solo

3.2. – 1.5.2019 | Museum Georg Schäfer

Adolf Hölzel, Farbkomposition Holzfäller, um 1925 (Foto Privatbesitz)

In der Vergangenheit gab es schon viele Ausstellungen – auch in Schweinfurt –, die sich mit Adolf Hölzels vielfältigem Werk beschäftigten, aber oft nicht ausschließlich. Es ging bei diesen Präsentationen auch immer um seinen „Kreis“ und um seine bekannten Schüler wie Johannes Itten, Willi Baumeister oder Oskar Schlemmer. In der aktuellen Schau im Museum Georg Schäfer geht es nun nur um Adolf Hölzel (1853–1934), der nicht zu Unrecht zu den einflussreichsten Pionieren der ungegenständlichen Kunst im 20. Jahrhundert zählt.

Aber der pragmatische Pädagoge, als der er lange geschätzt war, sowie das Thema „Lehre und Wirkung“ sind auch in diesem monografischen Rückblick immanent vorhanden. Schließlich hat Hölzel in seinem eigenen facettenreichen Gesamtwerk das Fundament gelegt und wegweisende Tendenzen entwickelt, die die nächste Schülergeneration verfeinerte. Zudem war Hölzel auch ein Theoretiker: „Die räumliche Begrenzung des Bildes erfordert eine stärkere Betonung des Konstruktiven in der Malerei als in anderen Künsten“, schreibt Hölzel 1916 anlässlich einer Ausstellung im Freiburger Kunstverein. „Da die Flächenform die Grundlage aller Darstellung auf der Fläche ist, wird naturgemäß im Bilde alle Gegenstandswirkung aus Flächenformen entstehen müssen.“ Die künstlerischen Voraussetzungen dafür mussten schließlich erlernt werden: „Alles Unlogische und Unklare ist dilettantisch.“ An den unterschiedlichen Entwicklungen der Schüler lässt sich die Fruchtbarkeit seiner Methode betrachten.

Auch in seinen Arbeiten spiegeln und brechen sich Strömungen, der Expressionismus, die Übergänge zur Abstraktion, in vielfältiger Weise. Hölzels eigene Experimentierfreude war enorm, auch beim Umgang mit dem Material. Davon zeugen die Glasfenster, die er 1915 bis 1917 im Auftrag des Hannoveraner Keksfabrikanten Hermann Bahlsen schuf. Visionär muten seine um 1917 entstandenen „Tubenbilder“ an, für die er die Farbe direkt auf den Bildträger Karton samt dem Rahmen drückte. Anfang der 1920er Jahren entdeckt er das Arbeiten in der Pastelltechnik für sich, da die geringeren zeichnerischen Möglichkeiten der Ölmalerei sowie der lange Arbeits- und Trocknungsprozess seinem spontanen und experimentierfreudigen Schaffensdrang nicht ausreichend entgegenkommen. Die Radikalität seiner künstlerischen Vorgehensweise führte dazu, die Kunst vom Gegenstand und in noch größerem Maße vom Inhalt zu lösen, was besonders an den Titeln seiner Pastellarbeiten deutlich wird: „Komposition“. Hölzel bleibt zeitlebens ein Suchender wie bei seinen frühen, selten gezeigten „Handübungen“, erforscht und erfindet einerseits Farbkreise und Kompositionslehren, sieht ihre normativen Grenzen aber in der „Empfindung“. Diese ruft er bei sich selbst durch traumartige Zustände hervor, indem er nach dem Erwachen eine Zeit lang mit geschlossenen Augen arbeitet. Damit erkennt Hölzel als einer der ersten Künstler das Unbewusste als Potenzial für die bildende Kunst, was sich auch auf seine als „Schriftsockelblätter“ bezeichneten Verbindungen von Text und Bild auf einem Blatt, insbesondere aber auf seine seltsam wirkenden Wortreihungen auswirkt.

Früh sah Hölzel auch einen Zusammenhang zwischen Musik und bildender Kunst, so 1904: „Was die Verquickung von Malerei und Musik anbelangt, so ist die Schwingungszahl der Licht- und Tonwellen so sehr verschieden, dass keinerlei Verbindung, aber viele Ähnlichkeiten vorhanden sind“. Die Erkenntnis nach einem abwechslungsreichen Parcours entlang der rund 100 ausgewählten, zum Teil erstmals gezeigten Arbeiten aus der Stuttgarter Hölzel Stiftung: Aus dem kunsthistorischen Rückblick betrachtet, bleibt Hölzel ein Avantgardist bis ins hohe Alter.

Stefan Simon beschäftigt sich als Kunsthistoriker vorwiegend mit zeitgenössischer Kunst, die aber stets ihre Wurzeln hat.

Farbharmonie als Ziel. Adolf Hölzel auf dem Weg zum Ungegenständlichen
3.2. – 1.5.2019
Museum Georg Schäfer
Brückenstr. 20
D-97421 Schweinfurt
Tel.: +49-9721-514820
Di – So 10 – 17 Uhr
Eintritt: 7 €, erm. 6 €
www.museumgeorgschaefer.de

 

Autor: Stefan Simon, Bild: Museum Georg Schäfer
Erstveröffentlichung in kunst:art 65