Sandburgen und Wassergraben

7.6. – 8.9.2019 | Albertina

Sean Scully, Eleuthera, 2017

Seine Werke sind Sinnbild der zeitgenössischen abstrakten Malerei und doch findet Sean Scully einen neuen Ausdruck für seine expressionistische Poesie. Mit seiner Serie „Eleuthera“, zu sehen in Wien in der Albertina, greift der Künstler auf früheste künstlerische Erfahrungen zurück und erfindet sich in seiner Formensprache dennoch neu.

Scullys berufliche Laufbahn war mitnichten ein vorgezeichneter Weg. Vielmehr musste er allen Widrigkeiten zum Trotz handeln, um seinen Weg gehen zu können. Getrieben von der Leidenschaft und dem Willen, den Weg zur Kunst zu gehen, gelang ihm die Aufnahme an einer Kunstschule. Tatendrang und Arbeitseifer begleiten den Maler sein Leben lang. Seine Gemälde transportieren Lebendigkeit und Leidenschaft. Noch offensichtlicher verdeutlichen dies seine vielfältigen Skulpturen. Und nun malt Jean Scully, der Meister der Abstraktion, mit seinen 73 Jahren figurative Bilder. Diese neue Serie komplettiert in klassischer Art und Weise sein Œuvre von bislang 1.700 Werken.

Diese jüngste Obsession ist inspiriert von seinem Sohn Oisín, dem Mittelpunkt von Scullys Leben. In Interviews und Gesprächen nimmt der Künstler immer wieder darauf Bezug, dass seine eigene Kindheit und sein Werdegang sehr beschwerlich waren. So bedeutet ihm, im fortgeschritteneren Alter von 64 Jahren noch Vater geworden zu sein, alles. Diese veränderte Lebenssituation bringt der Künstler nun in seinen Werken mit dem Titel „Eleuthera“ zum Ausdruck.

Es ist eine Insel auf den Bahamas, ruhig und abgeschieden, auf der sein Sohn bei Aufenthalten die Welt für sich entdeckt und begreift; mit Sandburgen, von Wassergraben umgeben, oder anderen Skulpturen. Diese beiderseitige Freude, diesen Enthusiasmus transportiert Scully in seiner neuen Serie. Bereits seine abstrakten Werke waren Ausdruck seiner Gefühle und Leidenschaft. Umgesetzt, indem Scully auf die vielfältigste Art und Weise seine Streifen zog – mal dicker oder schmaler, teils geschwungen oder überlappend. Doch dem Stellenwert seines Sohnes als Mittelpunkt seines nunmehrigen Lebens verleiht der Künstler mit einer anderen Bildersprache Ausdruck.

Die Entstehung hin zu den Figurativen begleiteten verschiedene Prozesse. Dazu gehörten auch Handyfotografien. Und Scully arbeitete weiterhin an seinen abstrakte Werken. Irgendwann setzte sich dann der Tatendrang durch und er machte „einfach mal das andere“ und es entstand „zwischendurch“ das erste Bild von insgesamt dreiundzwanzig aus „Eleuthera“. Von der in seinen Werken sich wiederfindenden sehr körperlichen, beinahe plastischen Umsetzung war der Künstler auch dieses Mal geleitet. Folglich kann kein fotografisches Abbild diese Intensität widerspiegeln. So bieten die Bilder einen authentischen, aber nicht zu identifizierenden Zugang. Im Gespräch mit Kuratorin Elisabeth Dutz spricht Scully davon, dass ihm erst im Nachhinein deutlich wurde, dass „Oisín keine ethnische Identität hat, da seine Hautfarbe in den Gemälden einmal grau ist und einmal grün.“ Von der Freude über seine Beziehung zu seiner Familie inspiriert, entsteht bereits eine neue Serie unter dem Titel „Madonna“, über Mutter und Sohn. Der Künstler freut sich ganz enthusiastisch darauf: „Das wird fantastisch.“ – Und „Eleuthera“ wird wohl auch beim Publikum Lust auf mehr wecken.

 

Sean Scully. Eleuthera
7.6. – 8.9.2019
Albertina
Albertinaplatz 1
A-1010 Wien
Tel.: +43-1-534830
Täglich 10 – 18 Uhr, Mi + Fr 10 – 21 Uhr
Eintritt: 16 €, erm. 7 – 11 €
www.albertina.at

Text: Greta Sonnenschein
Bild: Albertina
Erstveröffentlichung in kunst:art 67