Ab ins Kloster!

30.3. –30.09.2019 | DA, Kunsthaus Kloster Gravenhorst

Eröffnung Saisonale (Foto M. Jezierny)

„Grünkohl live performen… an einer Strohballen-Kolonie mitgärtnern… auf dem Gravenhorster Blatt picknicken…“, mit solchen Angeboten will uns die Saisonale in diesem Sommer ins Westfälische locken. Kultur oder Ringelpiez oder beides: Worum geht es? Zeitlich begrenzte künstlerische Interventionen der verschiedensten Arten, sei es im Schutzraum Museum oder im öffentlichen Raum der Stadt, gibt es mittlerweile zahlreich – aber das, was das Kloster Gravenhorst hier bietet, hat doch eine ganz eigene Qualität. Die beginnt natürlich mit der Örtlichkeit selbst: Das Kloster Gravenhorst ist ein vormaliges Zisterzienserinnenkloster im Tecklenburger Land unweit Osnabrücks. Das im 13. Jahrhundert gegründete Kloster beherbergte bis ins frühe 19. Jahrhundert eine kleine Gemeinschaft von Ordensschwestern. In den 1990er Jahren kam das sanierungsbedürftige Gebäudeensemble in den Besitz des Kreises Steinfurt, der dort ein neues kulturelles Nutzungskonzept ins Leben rief. Im Mai 2004 konnte schließlich das DA, Kunsthaus Kloster Gravenhorst eröffnen. Kulturelle Bildung im weiten Sinne stand – und steht – auf dem Programm. Gartenanlagen, gotische Klosterkirche und die zumeist klassizistischen Hauptgebäude bieten den Rahmen für Ausstellungen, Workshops, musikalische Veranstaltungen und Weiterbildungsangebote zu Kunst und Geschichte.

Ab 2019 führen die umtriebigen Macher des DA gar eine „neue Jahreszeit“ ein, denn fortan wird immer im Sommerhalbjahr die weitläufige Freifläche rund um das Kloster als Bühne für besagte temporäre Kunstinterventionen genutzt. Natur, Garten und Landschaft drum herum sind die Bezugspunkte für ortsspezifische Kunstprojekte. Doppelte Anknüpfung ist dabei nahe liegend, denn ein Kloster ist ein spiritueller Ort und ein Ort, an dem Menschen ihren Platz in der Welt reflektieren. Diese Welt mag man als göttliche Schöpfung wahrnehmen oder auch nicht, jedenfalls stehen eigenes Werden und Vergehen sowie das Verhältnis zur umgebenden Natur unabweisbar zur Debatte. „Kloster.Garten.Kunst“, proklamiert das Programm der „Saisonale“ lapidar und füllt das Raster aus mit einer breiten Vielfalt von Projekten. Das können Recherchen sein zur Geschichte des Klostergartens oder aktuelle Entwürfe junger Landschaftsplaner. Der Lichtkünstler Knut Eckstein lädt in den Abendstunden zu „Wild Strawberries“, einer poetischen Interpunktion der schönen Gartenanlagen mit ihrem Wechselspiel von Grün und Wasser und dem dunkelnden Himmel darüber. Ins Märchenhafte entführen Performances von Alexander Edisherov & Katerina Kuznetcowa, die auf eine „Liegewiese für einen Himmelstisch“ einladen, wohingegen „PRESERVED//Grünkohl/Gravenhorst“ definitiv eher bodenständig klingt.

In einem auf die bekannten metropolitanen Zentren orientierten Kunstbetrieb ist es ein schönes Zeichen von Widerspenstigkeit, Kunstprojekte, die so anspruchsvoll wie zugleich auch gemeinschaftsorientiert sind, in den ländlichen Raum einzuladen – eine Haltung, welche die Ordensschwestern von damals sicher gutgeheißen hätten: Auch sie legten stets Wert auf ihre Eigenständigkeit!

Die Gravenhorster Saisonale
30.3. –30.09.2019
DA, Kunsthaus Kloster Gravenhorst
Klosterstr. 10
D-48477 Hörstel
Tel.: +49-2551-694200
Di – Sa 14 – 18 Uhr, So 11 – 18 Uhr
Eintritt frei ??
www.da-kunsthaus.de

Text: Dieter Begemann
Bild: DA, Kunsthaus Kloster Gravenhorst
Erstveröffentlichung in kunst:art 67

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Begemanns Blog: Sternschnuppen An dieser Stelle soll es um ästhetische Sternschnuppen gehen und, wie es die Schnuppen so machen, sollen sie hin und her zischen auf manchmal verblüffenden Kursen – kreuz und quer! Ich konnte (und musste zum Glück mich auch nie) entscheiden zwischen praktisch-bildkünstlerischen und theoretischen Interessen: Ich liebe Malerei und Bildhauerei, begeistere mich für Literatur, bin ein Liebhaber von Baukunst und Design –aber meine absolute Leidenschaft gehört der Gestaltung von Gärten und Autos. Und, eh ich’s vergesse: natürlich dem Film!!