Der Photonenfänger

28.6. – 29.9.2019 | Kunsthalle Jesuitenkirche

Tim Otto Roth, aura calculata, 2018 (© imachination projects; Fotograf: Miriam Seidler)

Nur wenigen Spezialisten ist bekannt, was die Schadographie Nr. 11 bedeutet: In Genf 1919 vom Maler Christian Schad (1894–1982) auf lichtempfindlichen Papier belichtet, wurde dieses fotografische Bild, das einst dem Dada-Theoretiker Tristan Tzara gehörte, zu einem der Meilensteine auf Schads Weg zu den „abstrakten“ Schattenbildern. Diese werden später seinen Namen tragen. Schad gehörte auch zu den Mitbegründern der Neuen Sachlichkeit und mit Sicherheit zu den wichtigsten Avantgardekünstlern in Deutschland. Grund genug, ihm ein eigenes Museum zu widmen. Grund genug auch, Inspiration und Auseinandersetzung mit ihm zu suchen, wie es Tim Otto Roth in der Kunsthalle der Jesuitenkirche in Aschaffenburg tut.

So lässt sich in den Schattenspielen des Konzeptkünstlers, Komponisten und Schattenforschers Roth (* 1974) eine direkte Anspielung auf die Arbeiten von Christian Schad sehen, mit dem Unterschied, dass sie in den Gewölberaum projiziert werden und eine Art von Schattentanz aufführen. Für den Boden entwarf er ein begehbares Ornament und eine speziell konstruierte Wasserorgel (aura calculata) lässt den ganzen Raum in einem mikrotonalen Sound erklingen. Mit genau entworfenen Schattenspielen, klug berechneten Bewegungsabläufen und verschiedenen „imachination space projects“ erweist der Künstler dem großen Avantgardisten zur Eröffnung des Schad Museums seine Referenz. Dass man den umtriebigen Künstler als Photonenfänger apostrophiert, zeigt, dass all seinen Werken eine große Portion technischen und wissenschaftlichen Knowhows beigemischt ist.

Tim Otto Roth. Logische Phantasien
28.6. – 29.9.2019
Kunsthalle Jesuitenkirche
Pfaffengasse 26
D-63739 Aschaffenburg
Tel.: +49-6021-3867466
Di 10 – 21 Uhr, Mi – So 10 – 18 Uhr
Eintritt: 5 €, erm. 3,50 €
www.museen-aschaffenburg.de

Text: Dr. Milan Chlumsky
Bild: Kunsthalle Jesuitenkirche
Erstveröffentlichung in kunst:art 67