Fotografie und Renaissance

14.4. – 15.9.2019 | Bündner Kunstmuseum

Unbekannte Bildhauerwerkstätte, Balkenfragment, Flechtwerkborte mit Rauten-Kreisband und Kreisaugen, 775/790 (Foto Florio Puenter)

Eine Tiefenlotung ganz besonderer Art nimmt das Museum in Chur vor. Das Bündner Kunstmuseum nämlich zeigt Kunst aus der Region, aus Graubünden, aus der Zeit noch vor der Renaissance: darunter Reliquienschreine aus dem Domschatz von Chur, die Figur einer Beweinung Christi aus Domat, eine Truhe aus dem Engadin oder auch Fresken aus Waltersburg. Die historischen Werke werden jedoch nicht unmittelbar zur Ansicht gebracht, (kein Wunder, sind sie doch teilweise ortsfest), sondern in der Vermittlung durch Fotografien. Diese fertigte der Künstler Florio Puenter in den 1980er Jahren an.

Die Einschaltung einer solchen Zwischenstufe gehört zum Konzept der von Stephan Kunz, dem Fotografen Puenter und dem Architekten Peter Zumthor kuratierten Schau. Zumthor ist natürlich ohnehin eine wichtige Figur für das Museum in Chur, war er doch in der 1980er Jahren verantwortlich für den Umbau der historischen Fabrikantenvilla zum Kunsthaus. Und ebenso, wie der Bau aus dem späten 19. Jahrhundert seinerseits damals einen notwendig zeitgenössisch gefärbten Blick in Vergangenheiten darstellte, in palladianische mit einem Schuss Orient, so sehen wir heute ebenso die Werke der Protorenaissance unweigerlich durch moderne Augen. Florio Puenters Fotografien pflegen ein striktes Schwarzweiß: Sorgfältig ausgeleuchtet treten uns aus dem schwarzen Fond die alten Kunstwerke entgegen, so scharf und detailreich, wie es die persönliche Inaugenscheinnahme kaum zu erreichen vermöchte, und doch auch unnahbar fremd.

Aus der Tiefe der Zeit. Kunst in Graubünden vor 1530
14.4. – 15.9.2019
Bündner Kunstmuseum
Bahnhofstr. 35
CH-7000 Chur
Tel.: +41-81-2572870
Di – So 10 – 17 Uhr, Do 10 – 20 Uhr
Eintritt: 15 CHF, erm. 12 CHF
www.buendner-kunstmuseum.ch

Text: Dieter Begemann
Bild: Bündner Kunstmuseum
Erstveröffentlichung in kunst:art 67

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Begemanns Blog: Sternschnuppen An dieser Stelle soll es um ästhetische Sternschnuppen gehen und, wie es die Schnuppen so machen, sollen sie hin und her zischen auf manchmal verblüffenden Kursen – kreuz und quer! Ich konnte (und musste zum Glück mich auch nie) entscheiden zwischen praktisch-bildkünstlerischen und theoretischen Interessen: Ich liebe Malerei und Bildhauerei, begeistere mich für Literatur, bin ein Liebhaber von Baukunst und Design –aber meine absolute Leidenschaft gehört der Gestaltung von Gärten und Autos. Und, eh ich’s vergesse: natürlich dem Film!!