Verloren und gefunden im Netzwerk

28.6. – 15.9.2019 | Kunstpalais Stadt Erlangen

Anna K.E. und Florian Meisenberg, This image is not available in your country (remote selfportrait), 2015

Sie kommt vom Ballett, er aus der Malerei. Begegnet sind sich Anna K.E. aus Tiflis und Florian Meisenberg aus Berlin an der Kunstakademie Düsseldorf, getroffen haben sich beide in der Videokunst. Seit acht Jahren leben sie in New York, teilen sich dort Wohnung und Atelier. Bewegung und Begegnung gehören zu ihren Biografien ebenso wie zu ihrer Arbeit, für die in diesem Sommer das gesamte Kunstpalais Erlangen zur Verfügung stehen wird. Dort haben sie in Fortsetzung einer kleinen Tradition der Paar-Ausstellungen, die das Haus etabliert hat, aus einer Auswahl ihrer Werke den Parcours „Complimentary blue“ komponiert.
Die Unterschiedlichkeit ihrer Biografien scheint schon Material für ihre Arbeit zu sein, in der sie die nie dagewesene Auswahl von Kommunikationsmitteln, mit denen Menschen miteinander in Beziehung treten, beschreiben, und in der es vor allem um die Schwierigkeiten geht, sich in einer gemeinsamen Welt zusammenzufinden.

K.E. und Meisenberg verknüpfen digitale und analoge Kommunikationswege. Die Videoinstallation „Late Checkout“ ist eines ihrer komplexen – und erfolgreichsten – Projekte. Die sechs Videos waren schon in Berlin, New York und auf der Art Basel, nun sind sie im Kunstpalais Erlangen in größerem Zusammenhang zu sehen. Darin stellt sich Anna K.E. mit ihrem Körper dem Umgang mit digitaler Vermittlung. Oder versucht sie, sich ihr zu entwinden? Alles beginnt mit einer unmittelbaren Erschließung ihrer Umwelt, ein standardisiert wirkendes Hotelzimmer, das überall sein könnte, in seiner Unkenntlichkeit schon selbst beinahe der Realität enthobener Raum. Mit langsamen, greifenden Bewegungen eignet sich die studierte Tänzerin diesen Raum an. Der Betrachter sieht ihr dabei allerdings durchaus in Vermittlung zu, und zwar über die Kamera von Videokünstler Florian Meisenberg. Er fängt ihren Weg durch das Zimmer ein, über WI-FI wird das Bild auf K.E.s Smartphone übertragen, wodurch sie sich selbst zusieht. Die Beobachtung ihrer eigenen Bewegungen auf dem Bildschirm inspiriert ihre weiteren Bewegungen. Kamera und Netzwerk werden Teil ihrer Realität, die trotz Vernetzung in ihrer Selbstreferentialität nicht solipsistischer sein könnte. Die Themen des Künstlerpaares sind damit umrissen.

Sind oben die gemeinsamen Arbeiten beider Künstler, so ist das Untergeschoss des Kunstpalais den Werken der Einzelkünstler gewidmet und zeigen, dass Meisenberg über die Beschäftigung mit Videokunst die Malerei keinesfalls vergessen hat. In klassischem Öl auf Leinwand ist 2007 „Of Defective Gods & Lucid Dreams (The Museum is Closed for Renovation) Episode II“ entstanden. Auch Anna K.E., die vollständig Anna Kapanadze Edzgveradze heißt, hat sich nach dem Tanz der bildenden Kunst zugewandt und an der Düsseldorfer Akademie studiert, wo sie Florian Meisenberg traf. Die Tochter des Künstlers Gia Edzgveradze ist in diesem zweiten Teil der Ausstellung mit Installationen zu sehen, wie gegenwärtig übrigens auch in Venedig, wo sie den Georgischen Pavillon der Biennale bespielt.

Anna K.E. & Florian Meisenberg. Complimentary Blue
28.6. – 15.9.2019
Kunstpalais Stadt Erlangen
Palais Stutterheim
Marktplatz 1
D-91054 Erlangen
Tel.: +49-9131-862735
Di – So 10 – 18 Uhr, Mi 10 – 20 Uhr
Eintritt: 4 €, erm. 2 €
www.kunstpalais.de

Text: Jan Bykowski
Bild: Kunstpalais Stadt Erlangen
Erstveröffentlichung in kunst:art 68