Die Lust am Reisen

6.7. – 13.10.2019 | Kunstmuseum Luzern

Joseph Mallord William Turner, Peace – Burial at Sea, ca. 1842 (© Tate, London, 2019)

Das Kunstmuseum Luzern bereitet sich und seinem Publikum, anlässlich des 200-jährigen Bestehens der Kestnergesellschaft, des Trägervereins des Museums, ein großzügiges Geschenk.
Mit Direktorin Fanni Fetzer und ihrem Ko-Kurator Beat Wismer präsentiert das Museum gemeinsam mit der Londoner Tate Gallery eine „erhabene“ Ausstellung, „Turner. Das Meer und die Alpen“. Dabei hat das Kunstmuseum tatkräftige Unterstützung aus London, wo der Großteil der Werke Joseph Mallord William Turners (1775–1851) beheimatet ist. Beiden Häusern ist daran gelegen, die Werke Turners in dem Kontext zu zeigen, der ihn inspirierte. Zu sehen sind um die 90 Werke, von denen der Schwerpunkt Aquarelle und Skizzenbücher sowie ein knappes Drittel Ölgemälde sind. Wie schon der Titel vermuten lässt, handelt es sich nicht um eine neuerliche Kontextualisierung seiner Schlachtbilder oder ähnlicher Bilder. Gezeigt werden jene Werke, die aus seinen Reisen nach Europa entstanden sind, konkret die, die sich auf die Zentralschweiz beziehen.

Fasziniert von der nunmehrigen Möglichkeit, das Festland zu bereisen, und angetrieben von der Suche nach neuen spektakulären Motiven, machte sich Turner 1802 und dann erneut in den Jahren 1841–1844 auf den Weg in die Schweiz. Insgesamt verbrachte er sechs Aufenthalte primär am Vierwaldstättersee, und somit in direkter Nähe zum heutigen Kunstmuseum Luzern. Meist war Turner mit seinen Skizzenbüchern unterwegs, wo er seine Eindrücke auch farbig festhielt und zu einem späteren Zeitpunkt in andere Formate umsetzte. So waren es stets detailgetreue Abbildungen und keine romantisierenden Darstellungen. Gleichwohl Turner der englische Maler der Romantik war, wohnt seinen Werken, im Besonderen den Natur- bzw. Landschaftsbildern sowie seinen Seestücken, kein Pathos oder Idealisierung inne. Vielmehr bannte Turner einen nicht greifbaren Zauber auf die Leinwand, den selbst die durch den Künstler in der späteren Generation inspirierten Kollegen des Impressionismus seltenst wiedergeben konnten.

Wie gefährlich sich die Naturgewalten Anfang des 19. Jahrhunderts noch auf das unmittelbare Leben auswirkten, gelang Turner so differenziert und authentisch darzustellen wie keinem anderen, zum Beispiel mit „Die Schöllenenschlucht von der Teufelsbrücke aus gesehen, Sankt Gotthardpass 1802“.

Ab den 1830er Jahren setzte sich Turner vermehrt mit dem Horizont als jener Linie, die Wasser und Luft, Erde und Himmel voneinander trennt, auseinander. Dabei spielt die Dynamik von Luft direkt auf dem Wasser, als Auflösung von linearen Formen, eine große Rolle. So gelang es Turner, die Auswirkungen der Elemente aufeinander in ihrer dramatischen Faszination darzustellen. Auch auf seine Ölbilder konnte er diese zugleich diffizilen wie gewaltigen Impressionen übertragen. Damit ging allerdings auch das sich Auflösen von Personen im Licht einher, ein Beispiel dafür ist „Die Alpen (Die Alpen bei Tagesanbruch) um 1830–32“. Dies brachte ihm die nicht ganz zutreffende Zuschreibung abstrakter Malerei ein. Denn genau um diesen Prozess, die Verdeutlichung der Naturereignisse durch optische Indifferenz, ging es Turner in seinen Werken. Das konnte er meisterlich. Dafür konnte er das Licht, die Stimmungen, gerade in der Gegend des Vierwaldstättersees, optimal einsetzen. Sich selbst zu überzeugen ist bis heute eine – angenehme – Reise wert.

Turner. Das Meer und die Alpen
6.7. – 13.10.2019
Kunstmuseum Luzern
Europaplatz 1
CH-6002 Luzern
Tel.: +41-41-2267800
Di – So 11 – 18 Uhr, Mi 11 – 20 Uhr
Eintritt: 25 CHF, erm. 16 CHF
www.kunstmuseumluzern.ch

Text: Greta Sonnenschein
Bild: Kunstmuseum Luzern
Erstveröffentlichung in kunst:art 68