Donnerschlag

6.6. – 24.11.2019 | Museum Fürstenfeldbruck

Selma DesCoudres, Frauen in der Sonne, o.J.

Ein blauer Himmel ist gut für die Seele, aber schlecht für den romantischen Maler. Er braucht Bewegung, Formen und Farben am Himmel. Je dramatischer die Wolkenformationen, desto beeindruckender ist die Bildkomposition. Das Wetter beschäftigt seit jeher nicht nur Künstler – und das erst in zweiter Linie wegen der psychischen Dispositionen, die mit drückend grauen oder sonnig strahlenden Tagen einhergehen. Das Wetter hat existenzielle Auswirkungen auf die Frage, ob die Menschheit genug zu essen und zu trinken hat. Verdorren die Samen, verhagelt die Ernte, dann fehlt es an Lebensnotwendigem. Lange hatten wir in unseren privilegierten gemäßigten Breitengraden die Abhängigkeit vom Wetter verdrängt; nun holt auch uns der Klimawandel ein, und das Wetter-Thema beschäftigt zunehmend kulturelle Institutionen wie jetzt das Museum Fürstenfeldbruck. Da es auf den Sammlungen aus dem Kloster Fürstenfeld und dem Landkreis Fürstenfeldbruck basiert, kann es für die Ausstellung „Wetter und Mensch“ auf meteorologische Untersuchungen des Klosters aus dem 16. und 18. Jahrhundert zurückgreifen. Kulturhistorische Objekte wie eine Wetterglocke mit einem Relief des Heiligen Georg aus Messing und Kupfer oder eine vergoldete Taschensonnenuhr zeigen, wie Menschen versuchten, vor Wetterextremen gewarnt zu sein.

Extreme Wetterereignisse beeinflussten die Ernten und in der Folge auch gesellschaftliche Umbrüche. Als 1815 der Vulkan Tambora auf Java ausbrach und Unmengen von Asche in die Luft schleuderte, starben nicht nur vor Ort Zehntausende Menschen. Selbst über der nördlichen Hemisphäre verdüsterte sich der Himmel. 1816 war ein Jahr ohne Sonne, mit dem kältesten Sommer seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Die Folge waren Missernten und eine der schlimmsten Hungersnöte. Viele Menschen sahen als einzigen Ausweg die Auswanderung nach Amerika, um zu überleben.

Die Asche in der Luft soll in den Folgejahren aber auch dazu geführt haben, dass Sonnenaufgang und Sonnenuntergang den Himmel in den prachtvollsten Farben schimmern ließ. Die Schattierungen von Rot, Orange, Violett sollen nicht nur William Turner inspiriert, sondern auch die Farbgebung in den Werken Carl Spitzwegs beeinflusst haben. Das Museum Fürstenfeldbruck zeigt mehrere Gemälde des Biedermeier-Künstlers. Die Frau im Bild „Dirndl auf der Alm“ ist so klein zwischen den Gebirgen aus Wolken und Stein platziert, dass sie kaum zu sehen ist. Auch die Menschen in Spitzwegs Bild „Mooslandschaft“ verschwimmen nahezu mit der bräunlich-dunklen Landschaft; es dominieren die Wolken, die von einem herannahenden Unwetter künden.

Das gute Wetter nutzen dagegen die vier fleißigen Bäuerinnen im expressiven Bild „Frauen in der Sonne“, um zu säen. Die Malerin Selma DesCoudres wurde 1883 in Riga geboren, in St. Petersburg ausgebildet und siedelte nach dem ersten Weltkrieg aus dem Baltikum nach Fürstenfeldbruck um, wo sie sich in verschiedenen Künstlervereinigungen engagierte. Und um das pure Genießen des schönen Wetters geht es schließlich beim Franzosen Eugène Boudin in einer heiter aquarellierten Strandszene.

 

Wetter und Mensch
6.6. – 24.11.2019
Museum Fürstenfeldbruck
Fürstenfeld 6
D-82256 Fürstenfeldbruck
Tel.: +49-8141-611313
Di – Sa 13 – 17 Uhr, So 11 – 17 Uhr
Eintritt: 4 €, erm. 2,50 €
www.museumffb.de

Text: Sabine Scheltwort
Bild: Museum Fürstenfeldbruck
Erstveröffentlichung in kunst:art 68