Tief im Norden!

23.6. – 20.10.2019 | Museumsberg Flensburg

Ingi Joensen, Trøllanes, o.J.

Man ist versucht, es für eine Verwechslung zu halten, wenn im Ankündigungstext der Ausstellung „Kunst der Färöer: Der wirklich echte Norden!“ davon die Rede ist, dass die Faröer Inseln auch beim Fußball auf sich aufmerksam gemacht hätten. Wird da nicht Island mit den Faröern verwechselt? Der nicht weit entfernte Inselstaat, der erst kürzlich Fans aus aller Welt verzückt hat, so bei der EM 2016 und der WM 2018? Nein, das hat schon seine Richtigkeit, nur die Perspektive ist eine andere, denn eine ähnlich Ausstellung hat Dr. Michael Fuhr bereits 2008 am Leopold Museum in Wien kuratiert („Moderne Kunst der Faröer Inseln“) und Österreich wurde 1990 in einem EM Qualifikationsmatch von den Faröern 1:0 besiegt. Ein Trauma für Österreich, eine Hymne für den Inselstaat. Dr. Michael Fuhr war damals am Leopold Museum Museologischer Assistent, Assistent des Direktors und Kurator, Ende 2009 wurde er dann Museumsdirektor der Städtischen Museen Flensburg.

Die beiden Inselstaaten Island und die Färöer haben noch mehr gemeinsam als nur den Fußball: sie liegen dicht beisammen, haben eine wunderschöne, zugleich aber raue Natur und sind beide auf ihre Weise außerordentlich spannend im Zusammenspiel von kultureller Tradition und moderner Kunstauffassung. Möglicherweise ist es genau das, was wir Zentraleuropäer bei Großbritannien nicht verstehen können: Die kulturelle Egozentrik resultierend aus der Insellage und zugleich die Weltläufigkeit aus der Tradition der Seefahrt.

Die Flensburger Ausstellung zeigt einen kleinen, aber feinen Querschnitt durch die Generationen Färöischer Künstler unterschiedlicher Kunstgattungen, die mit verschiedensten Materialien arbeiten. Da ist der Glaskünstler Tróndur Patursson (* 1944), der auf Glas malt und auch Skulpturen aus dem Material macht. Stipendien, Ausstellungen und Studienreisen führten ihn bereits durch weite Teile der Welt, doch er lebt und arbeitet nach wie vor in seiner Geburtsstadt Kirkjubøur. Randi Samsonsen (* 1977) arbeitet mit Textilien, ihre Arbeiten erinnern entfernt an die gerade im Max Ernst Museum ausstellende Künstlerin Joana Vasconcelos, wenngleich diese ungleich größere Arbeiten produziert.

Annie Heinesen (* 1974), Ingi Joensen (* 1953), Annika á Lofti (* 1983), Astri Luihn (* 1949) und Tróndur Patursson (* 1940) waren bereits 2008 im Wiener Leopold Museum unter den damals 32 gezeigten Künstlern von den Faröern, der damals ersten umfassenden Schau außerhalb Skandinaviens, die sich ausschließlich dem kleinen Inselstaat widmete.

Die Flensburger Ausstellung findet gleichzeitig im Museumsberg Flensburg und dem Flensburger Schifffahrtsmuseum statt. Hier die zeitgenössische bildende Kunst eines uns fast gänzlich unbekannten europäischen Landes, dort unter dem Titel „Wellen.Warten.Wiederkehr.“ Bilder, Grafiken und Installationen zu dem Thema, das bis heute den Inselalltag prägt: das Leben von und mit dem Meer.

Übrigens: Der damalige färöische Torschütze Nielsen, der gegen Österreich das 1:0 schoss, hat in der Hauptstadt Tórshavn vom Bildhauer Hans Pauli Olsen ein vier Meter hohes Denkmal errichtet bekommen! Maradona wäre neidisch!

Kunst der Färöer: Der wirklich echte Norden!
23.6. – 20.10.2019
Museumsberg Flensburg
Museumsberg 1
D-24937 Flensburg
Tel.: +49-461-852956
Di – So 10 – 17 Uhr
Eintritt: 6 €, erm. 3 €
www.museumsberg-flensburg.de

Text: Mathias Fritzsche
Bild: Museumsberg Flensburg
Erstveröffentlichung in kunst:art 68

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Ein Thema jagt das nächste: Der Wochengipfel hält ein oder zwei Themen fest und bringt sie in Erinnerung. Was war vergangene Woche so wichtig, dass man Schnappatmung bekam und ist diese Woche dennoch schon vergessen? Oder über welche Nachricht hat man sich so gefreut, dass man auf den Balkon ging und die Nachricht für die ganze Welt in den Abendhimmel geschrien hat?