Blick auf den Körper

20. Juni bis 22. September 2019 | Zu Gast im Theatermuseum

Rembrandt Harmensz. van Rijn, Selbstbildnis mit federgeschmücktem Samtbarett, 1638 (© Kupferstichkabinett der Akademie der bildenden Künste Wien)

Wohl kaum ein Künstler hat sich über so lange Zeit mit solch geradezu bohrender Intensität mit der menschlichen Gestalt befasst wie er: Hatten die italienischen Meister des 16. Jahrhunderts oft elegante und zum Dahinschmelzen schöne Körper und Gesichter gemalt (und damit die Ideale akademischer Kunst überhaupt definiert), so liegt Rembrandt Harmenszoon van Rijn (1606–1669) jegliche Idealisierung fern. Der nahe und nüchterne Blick, den der niederländische Ausnahmekünstler auf den Menschen und seine Erscheinung wirft, enthüllt die Spuren des Alterns. Besonders gnadenlos, bis hin zum Verfall, fällt die Darstellung dieses unaufhaltsamen Prozesses beim Selbstbildnis aus: Hier konnte Rembrandt jede Rücksicht wegfallen lassen.

Die Akademie der Bildenden Künste Wien, gegründet übrigens zwei Jahrzehnte nach Rembrandts Tod, zeigt anlässlich des 350. Todestages des Künstlers in Gemäldegalerie und Kupferstichkabinett eine Werkauswahl. Vom Bildnis einer jungen Frau, einem Gemälde aus der frühen Amsterdamer Zeit, bis zu radierten Studien von Bettlern. Die sprichwörtlichen „Lebenslinien“ grub der Künstler quasi mit Stichel und Nadel ein in die Oberfläche seiner Kupferplatten, denn gerade bei der Druckgrafik ist der Anteil der ungeschönten Gesichter und Gestalten, der körperlich oder sozial Beschädigten auffällig hoch. Und nicht zu vergessen, Rembrandt war ein souveräner Erneuerer der druckgrafischen Techniken: Auch das lässt sich studieren an den etwa 35 Grafiken.

Lebenslinien. Rembrandt in den Kunstsammlungen der Akademie
20. Juni bis 22. September 2019
Zu Gast im Theatermuseum
Lobkowitzplatz 2
A-1010 Wien
Tel.: +43-1-588162401
Mo + Mi – So 10 – 18 Uhr
Eintritt: 12 €, erm. 9 €
www.theatermuseum.at

Text: Dieter Begemann
Bild: im Theatermuseum
Erstveröffentlichung in kunst:art 68

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Begemanns Blog: Sternschnuppen An dieser Stelle soll es um ästhetische Sternschnuppen gehen und, wie es die Schnuppen so machen, sollen sie hin und her zischen auf manchmal verblüffenden Kursen – kreuz und quer! Ich konnte (und musste zum Glück mich auch nie) entscheiden zwischen praktisch-bildkünstlerischen und theoretischen Interessen: Ich liebe Malerei und Bildhauerei, begeistere mich für Literatur, bin ein Liebhaber von Baukunst und Design –aber meine absolute Leidenschaft gehört der Gestaltung von Gärten und Autos. Und, eh ich’s vergesse: natürlich dem Film!!