Was ein Bild von Adolph von Menzel nicht so alles erzählen kann – auch über unsere Welt und unsere Zeit, mag man sich im Johann Jacobs Museum im Zürcher Stadtteil Seefeld gesagt haben bei der Konzeption der neuen Ausstellung. „Weltausstellung“ gruppiert sich um eine Gouache des Berliner Realisten. Menzel (1815–1905) war so etwas wie der Chronist der deutschen beziehungsweise preußischen Gesellschaft des Kaiserreichs, der bei allem Glanz der Szenen, den er so souverän wie hingebungsvoll auf die Bildfläche brachte, doch stets ein Auge für deren Brüche hatte. Zu den Hauptvergnügen seiner Zeit gehörten (seit 1851 in London) riesige Ausstellungen, Weltausstellungen eben, bei denen sich die teilnehmenden Nationen so vorteilhaft wie möglich darzustellen suchten.
Menzel besuchte die Weltausstellung 1873 in Wien und, statt auf prunkende Architekturen und imposante Exponate, fällt sein Blick auf einen Gastronomiebetrieb am Rande des Trubels. Auf dem amerikanischen Areal, wo sich die Vereinigten Staaten (nach dem verheerenden Bürgerkrieg kurz zuvor) als aufstrebendes junges Land präsentieren, ist eine Art überdimensionales Indianerzelt aufgebaut. Unter dessen Dach hat eine buntgemischte Gesellschaft aus aller Herren Länder Platz genommen. Bedient werden sie von afroamerikanischen Kellnern in blendendweißer Livree. Die noch laufende Ausrottung der indigenen Bevölkerung, die noch dauernde Ungleichheit zwischen Weiß und Schwarz werden ethnologisches Dekor. Die Zürcher Schau möchte den Blick schärfen für solche Widersprüche und Verflechtungen.
Weltausstellung
bis zum 3.11.2019
Johann Jacobs Museum
Seefeldquai 17
CH-8008 Zürich
Tel.: +41-44-3886190
Di 16 – 21 Uhr, Sa + So 11 – 17 Uhr
Eintritt: 7 CHF
www.johannjacobs.com
Text: Dieter Begemann
Bild: Johann Jacobs Museum
Erstveröffentlichung in kunst:art 68