Eine selbstbewusste Frau

6.7. – 6.10.2019 | Kunstmuseum Reutlingen / Spendhaus

Sie war schon eine ungewöhnliche Frau, die Reutlinger Malerin Gudrun Irene Widmann (1919–2011). In den 1950er-Jahren gehörte Mut dazu, sich als alleinerziehende Mutter für die Kunst zu entscheiden. Ihre großformatigen Gemälde jener Jahre, die diese schwierige Lebenssituation reflektieren, bezeugen ihr künstlerisches Selbstbewusstsein. Dass das Werk der Reutlinger Malerin trotzdem heute, zu Unrecht, weniger präsent ist als das vieler männlicher Kollegen, ist sicher auch den Zeitumständen geschuldet. Ihr Schaffen zählte zu den interessantesten figurativen Positionen im deutschen Südwesten und wurde auch überregional wahrgenommen. In klassischen Sujets, in Porträts, Selbstporträts, Figurenbildern und Stillleben gibt die Retrospektive Zeittypisches, aber auch sehr Persönliches wieder. Begonnen hatte sie mit realistischen Porträts, später, wie in „Umarmung“ (1957), wandte sie sich abstrakteren Bildfindungen zu. Im Zentrum ihrer Kunst stand aber immer der Mensch. 1959 heiratet sie den Schriftsteller Gerd Gaiser und rückt die künstlerische Arbeit, bis zu dessen Tod 1976, in den Hintergrund.

Danach setzen sich ihre Bilder mit Raum und Leere, aber auch Zeitkritik auseinander. Oft sind es einsame Gegenstände wie „Kandelaber“ (1995), die sie in symbolischen Inszenierungen anordnet. Widmanns Arbeiten sind letztlich immer auch Abbilder des Inneren. Gudrun Irene Widmann ging in ihrer Kunst eigene Wege. Zum Kreis der Realisten zählend, verkörpert sie in ihrer Malerei seine metaphysische Variante. Ihre Werke sind poetische Bilder, die stets das Geheimnis in sich tragen.

G. I. Widmann. Retrospektive
6.7. – 6.10.2019
Kunstmuseum Reutlingen / Spendhaus
Spendhausstr. 4
D-72764 Reutlingen
Tel.: +49-7121-3032322
Di – Sa 11 – 17 Uhr, Do 11 – 19 Uhr, So 11 – 18 Uhr
Eintritt: NN
www.kunstmuseum-reutlingen.de

Text: Stefan Simon
Bild: Kunstmuseum Reutlingen / Spendhaus
Erstveröffentlichung in kunst:art 68