Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

29.9.2019 – 12.1.2020 | Kunsthaus Zug

Das Kunsthaus Zug feiert die Kunst der Aborigines mit gleich zwei Ausstellungen. Zum einen wird der wohl bekanntesten indigenen Künstlerin Australiens eine erste Einzelausstellung in Europa gewidmet. Emily Kame Kngwarreye begann ihre Karriere als Malerin erst in den letzten Jahren ihres Lebens. Dennoch – in nur acht Jahren entstanden rund 3.000 Werke. Emily starb mit Mitte 80 im Jahr 1996. Zwei Jahre später widmete ihr die Queensland Art Gallery eine Retrospektive, die durch das ganze Land tourte. Somit wurde sie zur ersten indigenen Künstlerin Australiens, die eine australienweite Soloschau erhielt. Zehn Jahre später werden ihre Arbeiten zum Blockbuster in Japan, brechen den Besucherrekord. Heute hängen ihre Werke in allen wichtigen Museen der Welt und werden im mehrstelligen Millionenbereich gehandelt.

Einmal gefragt, was sie malt, ist Emilys Antwort: “whole lot, that’s whole lot, Awelye (my Dreaming), Arlatyeye (pencil yam), Arkerrthe (mountain devil lizard), Ntange (grass seed), Tingu (a Dreamtime pup), Ankerre (emu), Intekwe (a favourite food of emus, a small plant) Atnwerle (green bean), and Kame (yam seed). That’s what I paint: whole lot” Mit “the whole lot” meint sie ihre Heimat, das gleichzeitig das Land ihrer Vorfahren ist, sie zeigt die tiefe Verbundenheit, die sie zu ihrem Land hat. Es ist Teil ihrer Geschichte, ihrer Identität, der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft.

Die komplexe Welt der Ureinwohner Australiens spiegelt sich zum anderen auch in den Arbeiten der zweiten Ausstellung “My Mother Country”. Die 80 ausgewählten Werke aus den Jahren 1998 bis 2008 der Sammlung Pierre und Joëlle Clément präsentiert 50 Künstler und Künstlerinnen, vornehmlich aus der Region Zentralaustraliens. Die Arbeiten reflektieren, ähnlich wie bei Emily, die Verbundenheit zum Land. Sie sind Interpretationen von Heimat, Ursprung, Zugehörigkeit, Identität und einer Geschichte, die keinen klaren linearen Verlauf kennt, sondern immerwährend ist und Teil eines Ganzen, das das Gestern, das Heute und das Morgen umfasst. Land, Mensch, Natur sind Teil dieses Ganzen, das, in Schöpfungsmythen entstanden, immer fortwährend existiert, eingebettet in einem klaren Regelwerk einer oralen Kultur, die durch Initiationsriten, in Erzählungen, Tänzen und Gesängen weitervermittelt wird.
Verkörpern die frühen Papunya-Tula-Arbeiten noch den eher klassischen Malstil, wie bei Clifford Possum Tjapaltjarri oder Johnny Warangkula Tjupurrula, so werden spätere Werke, trotz traditionellen Anklängen wie den Dekors der Brustbemalung bei Maisie Bundey, innovativer. Gloria Petyarres monochrome Akryle erinnern an modern-abstrakte Werke der westlichen Kultur und sind doch ebenso wie alle anderen Arbeiten Darstellungen ihrer Heimat. Ungewöhnlich hingegen sind die Akrylbilder des Art Centres Ampilatwatja. Michelle Holmes Apwerl ist eine der bekanntesten Künstlerinnen mit ihrer für die Region typischen ungewöhnlichen Darstellung von Buschmedizin und der Zentralaustralischen Halbwüste. Die Werke von Eileen Bonney Akemarr verdeutlichen den Trend hin zur gegenständlichen Malerei, der sich besonders in den letzten 10 Jahren immer mehr abzeichnet und auch mehr und mehr bei den Künstlern in den Art Centres zu finden ist. “My Mother Country” führt den Besucher in einen unbekannten und doch so spannenden Teil der zeitgenössischen Kunst, dem Europa immer noch die verdiente Anerkennung verwehrt.

Es gibt in den verschiedenen Aboriginal Communities in ganz Australien Art Centres, die zumeist Non-Profit-Organisationen sind, im Besitz der Künstler, jedoch fast ausschließlich von nicht-indigenen Managern geführt werden.

My Mother Country. Malerei der Aborigines
Emily Kame Kngwarreye
29.9.2019 – 12.1.2020
Kunsthaus Zug
Dorfstr. 27
CH-6301 Zug
Tel.: +41-41-7253344
Di – Fr 12 – 18 Uhr, Sa + So 10 – 17 Uhr
Eintritt: 15 – 18 CHF, erm. 12 – 15 CHF
www.kunsthauszug.ch

Text: Liane Wendt
Bild: Kunsthaus Zug
Erstveröffentlichung in kunst:art 69