Schnitt in den Raum

12.10.2019 – 19.1.2020 | Kunsthalle Nürnberg

Gleichmäßig wie der Schein eines Leuchtturms tastet ein gleißendes Lichtband den dunklen Raum ab, das Gesamtbild der Räumlichkeit wird auf das beleuchtete Detail reduziert und zugleich aus der Summe dieser Details erfahrbar. Die Lichtskulptur „Mono Scanner“ (2004) von Olafur Eliasson spiegelt das Konzept der Ausstellung „Hidden Beauty“ wider, mit der die Kunsthalle Nürnberg sich nach einer Umbauphase der Öffentlichkeit neu präsentiert. Indem das Werk gemäß seinem Titel die umgebende Architektur zu scannen scheint, rückt es sie zugleich in sein eigenes Zentrum.

„Anstatt in das Material zu schneiden, benutze ich es als einen Schnitt im Raum“, beschrieb einst Skulpturkünstler Carl André sein künstlerisches Konzept. Diesem Gedanken folgend wird in Nürnberg nun das Gebäude nach seiner umfassenden energetischen Sanierung zum integralen Teil der Werkrezeption: einbezogen in installative und skulpturale Arbeiten, die eine physisch erlebbare Gesamterfahrung anstreben. Die Gruppenausstellung zeigt neun zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler, die mittels ihres individuellen Ansatzes den jeweiligen Umraum untersuchen: Neben Olafur Eliasson sind Werke von Nevin Aladag, Monica Bonvicini, Ann Veronica Janssens, Michail Pirgelis, Laure Prouvost, Thomas Rentmeister, Karin Sander und Haegue Yang zu sehen.

Dabei ist jenseits der Reflexion des Ausstellungsorts zugleich ein Spiel mit dem jeweiligen künstlerischen Material zu beobachten: Während Thomas Rentmeister den Raum verformt durch eine begehbare Installation aus Lüftungskanälen, bedient Ann Veronica Janssens sich optischer Phänomene, indem farbig hinterlegte Glastafeln mit dem Licht spielen. Ihre „Magic Mirrors“ hinterfragen die Rezeptionserfahrung mittels Reflexionen und Spiegelungen, die Grenzen zwischen Werk, Betrachter und Raum verunklären. Nevin Aladag indes bespielt die Wände mit fragil wirkenden „Makramés“, die allerdings geknüpft sind aus soliden Drahtseilen und sich dennoch der Schwerkraft zu widersetzen scheinen. Auch wird der Blick auf Oberfläche und innere Struktur von Michail Pirgelis anhand abgewrackter Flugzeuge geschärft; er untersucht das heute alltägliche Verkehrsmittel mittels künstlerischer Ästhetik und befragt zugleich kritisch Themen wie Sicherheit, Logistik und Mobilität, die in der globalisierten Gesellschaft eine zentrale Rolle spielen.

Begleitend zu der Ausstellung wird der „KreativRaum“ des Museums eingeweiht, fortan das Zentrum der Kunstpädagogik des Museums in Kooperation mit dem Kunst- und Kultur¬pädagogischen Zentrum der Museen in Nürnberg (KPZ). Es soll ein abwechslungsreiches Programm basierend auf neuen Medien angeboten werden, das mittels Apps und Tablets moderne Facetten der Vermittlungsarbeit einbinden wird. „Hidden Beauty“ ist dabei ein mehrfach konnotierter Ausstellungstitel, der zum einen auf die in der alten Nürnberger Stadtmauer verborgen liegende Kunsthalle verweist und zugleich darüber hinausdeutet auf das verborgene ästhetische Potenzial des alltäglichen Raums und Arbeitsmaterials, das es hier zu entdecken gilt.

Hidden Beauty
12.10.2019 – 19.1.2020
Kunsthalle Nürnberg
Lorenzer Str. 32
D-90402 Nürnberg
Tel.: +49-911-2312853
Di – So 10 – 18 Uhr, Mi 10 – 20 Uhr
Eintritt: 5 €, erm. 2,50 €
www.kunstkulturquartier.de/kunsthalle

Text: Ninja Elisa Felske
Bild: Kunsthalle Nürnberg
Erstveröffentlichung in kunst:art 69