Der Dichter und die Stadt

20.9.2019 – 5.1.2020 | Märkisches Museum

Charles Dickens ist der Dichter Londons, Honoré de Balzac ist der Dichter Paris’ – und Theodor Fontane hat das Berlin des späten 19. Jahrhunderts literarisch unsterblich gemacht. Wohl kaum ein deutscher Schriftsteller hat die Stadt, die sich zu seiner Zeit von der preußisch-königlichen Residenz zur wilhelminisch-kaiserlichen Metropole verwandelte, so detailliert-liebevoll wie ironisch-distanziert beschrieben, wie es Fontane (1819–1898) in zahlreichen Romanen und Erzählungen getan hat. Die junge Gärtnerin Lene, die Kommerzienrätin Treibel, der fesche (aber leider mittellose) Leutnant Botho und wie sie alle heißen: So wunderbar präzise erstehen Fontanes Figuren aus Ortsbeschreibung und sprachlicher Charakterisierung, dass der vergleichende Blick auf Fotografien der Schauplätze mehr als nahe liegt.

Das Berliner Stadtmuseum trägt für seine Ausstellung Pioniere der Stadtfotografie von Leopold Ahrendts bis F. Albert Schwartz zusammen, allesamt Zeitgenossen des Dichters. Einen gespaltenen Blick, den Blick der Gegenwart nämlich, trägt der Berliner Fotograf Lorenz Kienzle bei, der Fontanes Schauplätze heute fotografiert und dabei auf verblüffende Kontinuitäten wie unvermeidlich auf krasse Abbrüche stößt. Jüngst restaurierte Manuskripte des Dichters zeigen ihrerseits mit endlosen Korrekturen eine vielschichtig widersprüchliche Verfertigung der Wirklichkeit im Text, die Abbildung wie auch Konstruktion ist.

Fontanes Berlin. Fotografien & Schriften
20.9.2019 – 5.1.2020
Märkisches Museum
Am Köllnischen Park 5
D-10179 Berlin
Tel.: +49-30-24002162
Di – So 10 – 18 Uhr
Eintritt: 7 €, erm. 4 €
www.stadtmuseum.de

Text: Dieter Begemann
Bild: Märkisches Museum
Erstveröffentlichung in kunst:art 69

Über Dieter Begemann 266 Artikel
Begemanns Blog: Sternschnuppen An dieser Stelle soll es um ästhetische Sternschnuppen gehen und, wie es die Schnuppen so machen, sollen sie hin und her zischen auf manchmal verblüffenden Kursen – kreuz und quer! Ich konnte (und musste zum Glück mich auch nie) entscheiden zwischen praktisch-bildkünstlerischen und theoretischen Interessen: Ich liebe Malerei und Bildhauerei, begeistere mich für Literatur, bin ein Liebhaber von Baukunst und Design –aber meine absolute Leidenschaft gehört der Gestaltung von Gärten und Autos. Und, eh ich’s vergesse: natürlich dem Film!!