Erinnerung als Waffe

bis zum 9.2.2020 | Kunstmuseum Wolfsburg

Streetart kombiniert mit Performances und das wiederum mit Foto und Film festgehalten, Letzteres mit einer recht simplen Stop Motion-Technik. Die künstlerische Strategie von Robin Rhode ist so simpel wie genial. Eine Wand wird zur Bühne mit wechselndem Bühnenbild und davor wird, interagierend mit eben dieser Kulisse, eine Performance aufgeführt.

Robin Rhode (* 1976) kam in Kapstadt zur Welt und wuchs als sogenannter „Coloured“ im südafrikanischen Apartheitssystem in Johannesburg auf. An der „Technikon Witwatersrand“ studierte er bis 1998 Kunst und an der „South African School of Film, Television and Dramatic Art“ beendete er 2000 sein Studium  im Rahmen eines Postgraduiertenprogramms. Seit 2002 lebt und arbeitet Rhode in Berlin, kehrt für seine Arbeiten aber immer wieder zurück nach Südafrika.

Schon in der Schule, so erzählt es Rhode in einem Interview, zeichneten er und seine Freunde Gegenstände auf eine Wand und interagierten damit. Eine Kerze, ein Fahrrad, was sich eben so anbot. Das setzt er nun als Künstler fort. In Südafrika fand Robin Rhode seine perfekte Wand: Groß, den ganzen Tag direktes Sonnenlicht und gegenüber ein Geschäft, in dem man Bier kaufen konnte. Dort arbeitete er, bekam Unterstützung von Jugendlichen aus dem Viertel und setzte einige Projekte um. Leider musste er seine perfekte Wand aufgeben, da die örtliche Gang seine Freunde und ihn bedrohten.

In Berlin hat er ein großes Atelier, von dem er selbst sagt, dass es ihm zu perfekt sei. Möglicherweise Koketterie, richtig ist aber sicherlich, dass Robin Rhode in dem Zwiespalt lebt, dass er als Künstler ernstgenommen werden möchte, zugleich seine besten Ideen aber subversiv und spielerisch sind.

Man tut dem Werk von Robin Rhode allerdings unrecht, wenn man es auf die Bildserien und Stop-Motion-Videos von den Wandzeichnungen beschränkt. Sicherlich nehmen die im Œuvre von Rhode einen wichtigen, wohl auch den zentralen Raum ein. Aber seine Ideen, seine Kunst geht weiter. So gehören auch Objekte, Installationen, Zeichnungen und reine Performances, auch eine performative Opernaufführung auf dem New Yorker Time Square dazu. Trotzdem: Besonders originell, und gewissermaßen auch ein Alleinstellungsmerkmal von Rhode, sind und bleiben aber seine Werke aus Wand- oder Bodenzeichnung in Kombination mit Performances.

In den vergangenen Jahren hat Robin Rhode an zahlreichen Gruppenausstellungen teilgenommen, große Einzelausstellungen hatte er in den USA, in Australien, in der Schweiz und Skandinavien, seine letzte in Deutschland war aber bereits vor gut zwölf Jahren in München. Höchste Zeit also, dass man ihn in seiner Wahlheimat endlich mal wieder in einer ausführlichen Präsentation zu sehen bekommt!

Robin Rhode. Memory Is the Weapon
bis zum 9.2.2020
Kunstmuseum Wolfsburg
Hollerplatz 1
D-38440 Wolfsburg
Tel.: +49-5361-26690
Di – So 11 – 18 Uhr
Eintritt: 8 €, erm. 5 €
www.kunstmuseum-wolfsburg.de

Text: Mathias Fritzsche
Bild: Kunstmuseum Wolfsburg
Erstveröffentlichung in kunst:art 70
Über Mathias Fritzsche 117 Artikel
Ein Thema jagt das nächste: Der Wochengipfel hält ein oder zwei Themen fest und bringt sie in Erinnerung. Was war vergangene Woche so wichtig, dass man Schnappatmung bekam und ist diese Woche dennoch schon vergessen? Oder über welche Nachricht hat man sich so gefreut, dass man auf den Balkon ging und die Nachricht für die ganze Welt in den Abendhimmel geschrien hat?