Neue Ideen, die den Weg bereiten

16.11.2019 – 15.3.2020 | Buchheim Museum

Sie war eine Wegbereiterin der Moderne, Paula Modersohn-Becker. Dies stellte auch Lothar-Günther Buchheim (1918–2007), Gründer des Buchheim Museums nächst dem Starnberger See, fest und bietet einen Kontext zur Ausstellung. 2001 initiierte Lothar-Günther Buchheim mit Hilfe der Gemeinde Bernried und durch die Unterstützung des Freistaates Bayern das Museum zu seinen Ehren. Er war wohl zeit seines Lebens eine äußerst ambivalente Persönlichkeit; ob dabei die Ansicht des Bernrieder Altbürgermeisters Walter Eberl zu teilen ist, dass „der Zweck alle Mittel heiligt“, sei dahingestellt. Doch Tatsache ist, dass das Museum Bernried am Starnberger See, nebst der dortigen „Hautevolee“, ein vielfältiges Publikum anzieht.

Die Ausstellung ab November ist der in den letzten Jahrzehnten einmal mehr in ihrer Bedeutung gestiegenen Künstlerin Paula Modersohn-Becker gewidmet. Mit dem Ausstellungstitel „Aufbruch in ein neues Jahrhundert“ klingt bereits die sich ändernde Epoche an. Ihr künstlerischer Einfluss auf das neue Jahrhundert wird im Laufe der Ausstellung thematisiert. Gleichwohl ihre Schaffenszeit nur kurz währte, denn die Künstlerin verstarb bereits mit 31 Jahren. Otto Modersohn, ebenfalls Künstler, hatte in Worpswede die Künstlerkolonie mitbegründet und war dort auf Paula Becker getroffen. Er war von ihrer künstlerischen Begabung überzeugt und ermutigte sie darin auch stets. Trotz aller Kreativität, die in Worpswede anzutreffen war, das Talent Paula Beckers, ab 1901 verheiratete Modersohn-Becker, fügte sich künstlerisch nicht in den Kreis ein. Bereits mit ihrem Eintreffen in Worpswede 1897 begann sie eine äußerst eigenwillige und im Nachhinein als expressionistisch zu bewertende Entwicklung.

Während alle Kunstschaffenden vor Ort von der Landschaft und dem Moor im Speziellen inspiriert waren, setzte Becker bereits in der Auswahl der Bildausschnitte andere Akzente. Dies drückte sie mit dem Einsatz und im Gestalten von Farben und Flächen aus. Wie für jede künstlerische Entwicklung war auch bei ihr der Austausch mit anderen unerlässlich.

Die meiste Inspiration fand sie jedoch in Paris. So wurde die Stadt an der Seine ihre geistige Heimat. 1899/1900 war sie das erste Mal dort, und mit jedem weiteren Aufenthalt entfaltete sie ihr Können in ihrem so eigenen Stil weiter. Sie erschuf eine eigene bis dato unbekannte Bilderwelt, unter dem verfremdenden Einsatz von Farbe, weg vom Figürlichen hin zur Vereinfachung. Dies ermöglichte der Malerin, ihr Wesen nach außen hin sichtbar zu machen. Mit ihrer verfremdeten, teils maskenhaften, großflächigen Ausdrucksweise, war sie unwissentlich Wegbereiterin der Moderne, ohne dass ihrem Können damals Rechnung gezollt worden wäre. Zumal sie nicht im Schutze einer Künstlergruppe wie der „Brücke“ oder der „Dresdner Gruppe“ stand, sondern künstlerisch wie zeitlich kurz davor agierte.

Dieser Vorreiterrolle als frühe expressionistische Künstlerin nimmt sich das Museum an. Um die künstlerischen Unterschiede hervorzuheben, werden verschiedene ihrer Werke jenen von Mitgliedern der „Brücke“ wie auch von gemeinsamen Wegbegleitern gegenübergestellt. So gelingt es, die für die deutsche Malerei ihrer Zeit so relevante Pionierin optimal zu würdigen, ganz im Sinne Mark Twains: „Menschen mit einer neuen Idee gelten so lange als Spinner, bis sich die Sache durchgesetzt hat.“

Paula Modersohn-Becker. Aufbruch in ein neues Jahrhundert
16.11.2019 – 15.3.2020
Buchheim Museum
Am Hirschgarten 1
D-82347 Bernried
Tel.: +49-8158-997020
Di – So 10 – 17 Uhr
Eintritt: 9,50 €, erm. 5 €
www.buchheimmuseum.de

Text: Greta Sonnenschein
Bild: Buchheim Museum
Erstveröffentlichung in kunst:art 70