Ein verborgenes Leben

Ein filmisches Meisterwerk, das zum Nachdenken anregt

August Diehl and Valerie Pachner in the film A HIDDEN LIFE. Photo by Reiner Bajo. © 2019 Twentieth Century Fox Film Corporation All Rights Reserved

Der amerikanische Regisseur Terrence Malick verwendet für seine Filme immer sehr viel Zeit. Für den am 30. Januar 2020 in die Kinos kommende „Ein verborgenes Leben“ gilt das ebenso. Abgedreht 2016 feilte der Filmemacher an seinem Meisterwerk so lange, bis er es als vollendet abgeschlossen hat.

Die deutsch-amerikanische Koproduktion mit Unterstützung der Mitteldeutschen Medienförderung dauert über drei Stunden und ist vorzügliches Arthouse Kino. Allerdings muss man sich auf den Film voll und ganz einlassen können. Denn vor allem visuell nimmt sich Malick alle Zeit der Welt – grandios!

Ein verborgenes Leben, Kinoplakat, Foto Copyright Pandora Film

Franz Jägerstätter war ein Widerständler im Zweiten Weltkrieg, der für sich selbst beschloss, nicht auf Adolf Hitler einen Eid zu schwören, um für ihn in den Krieg zu ziehen. Es war höchst ungewöhnlich, dass die Soldaten nicht auf die Armee oder ihr Land vereidigt worden, sondern auf eine Person: Adolf Hitler. Jägerstätter, dessen Biografie fast in Vergessenheit geraten wäre, war höchst gläubig und er empfand den Braunauer als die Personifizierung des Bösen. Mit seinem Glauben konnte und wollte er das nicht vereinbaren. Jägerstätter, der den elterlichen Bauernhof übernommen hatte und ihn gemeinsam mit seiner Frau Fani in den Bergen nahe Salzburgs betrieb, hatte drei kleine Töchter. Mit seiner dem Glauben und der eigenen Würde verpflichteten Haltung riskierte er die Ächtung der Familie. Seine Frau bestärkte ihn darin, dass für ihn richtige zu tun, egal wie schlimm die Konsequenzen sein für alle sein würde. Sicher, Franz Jägerstätter steht im Mittelpunkt, aber die Selbstlosigkeit und menschliche Größe seiner Frau Franziska ist es genauso.

Franz Jägerstätter (August Diehl) lebt ein karges aber glückliches Leben mit seiner Frau Franziska (Valerie Pachner) und den drei Kindern in St. Radegund und fast scheint es so, als ob die braunen dunklen Wolken an dem Ort vorbei ziehen würden. Aber dann kommt 1940 die Einziehung zur Grundwehrausbildung und Franz leistet den Schwur auf Hitler. Zu diesem Zeitpunkt wäre es für ihn nicht richtig gewesen, sich dem Schwur zu verweigern. Fast drei Jahre gehen ins Land und der Postmann auf seinem Radel fährt am Hof immer nur vorbei – bis 1943. Franz leistet dem Einberufungsbefehl folge, doch den Schwur auf Hitler kann und er will er nicht mehr leisten. Was dann kommt, ist eine Tortour im Gefängnis in Berlin. Das sind mit die stärksten Momente des Films, was Menschen sich gegenseitig antun können, wenn der eine Uniform und der andere Gefängniskleidung trägt. Da geht es einfach nur die Ausübung von Macht und Gewalt gegenüber wehrlosen Menschen.

Natürlich überhöht Terrence Malick künstlerisch die wahren Fakten und zeigt Parallelen auf, dass wir Menschen durchaus anders handeln könnten, aber dann doch aus den Gründen des sicheren Lebens faule Kompromisse eingehen. Ein Gedanke, der einen selber zum Grübeln bringt, wenn man den Film gesehen hat.

Malick versteht es perfekt, die Geschichte des Franz Jägerstätter mit sehr viel Poesie und wertungsfrei zu erzählen. Diese zivile Courage gab es zu jener Zeit sicher öfters, denn Jägerstätter war nicht der Einzige, der durch das Fallbeil in Plötzensee wegen Wehrkraftversetzung starb. Somit ist „Ein verborgenes Leben“ zugleich eine Hommage an all jene die sich im Zweiten Weltkrieg weigerten, eine Waffe in die Hand zu nehmen um zu töten – gegen ihren Glauben.

Fanziska Jägerstätter hatte nach dem Tod ihres Mannes keine leichte Zeit und erhielt erst 1950 eine Witwenrente, denn Franz wurde vorerst nicht als Widerstandskämpfer in Österreich nach dem Krieg anerkannt.

2007 erfolgte die Seligsprechung von Franz Jägerstätter – im Linzer Mariendom.

 

Text: Nadja Naumann
Bilder: Pandora Film Verleih