Romantische Scharmützel

15.10.2020 – 7.2.2021 | Kunstpalast

Caspar David Friedrich zählt wahrlich nicht zu jenen historischen Malern, denen es an Anerkennung und Aufmerksamkeit fehlt. Seit seiner Wiederentdeckung zu Beginn des letzten Jahrhunderts wurde sein Werk in zahlreichen Sonderschauen der Öffentlichkeit ausgebreitet, und als vorderster Repräsentant seiner Epoche findet er sich in beinahe jedem Schulbuch wieder. Die posthume und bis heute ungebrochene Popularität seines Werks gründet nicht zuletzt auf seiner vordergründigen Zugänglichkeit. Seine Landschaften büßen vielleicht gerade aufgrund ihrer starken Idealisierung bis heute keinen Deut an stimmungsvoller Direktwirkung ein. In der allgemeinen Wahrnehmung aber verdeckt diese oftmals die vielschichtigen Bedeutungen hinter der Landschaft, die in Friedrichs Sinne, und gerade das ist seine eigentliche Hinterlassenschaft, nicht aus sich selbst heraus, sondern als Zeichen zu uns spricht. Dabei transportieren einige seiner wichtigsten Werke aus heutiger Sicht zweifelhafte politische Überzeugungen. Friedrich war leidenschaftlicher Nationalist und wie viele seiner Malerkollegen nach den Befreiungskriegen gegen die napoleonische Besatzung auch bekennend frankophob.

Als sich schon im letzten Abschnitt seines Lebens mit der Düsseldorfer Malerschule ein neues und kunsttheoretisch ebenbürtig klar positioniertes Zentrum auf der deutschen Kunstlandkarte auftat, schien es – die Begründer Wilhelm von Schadow und Peter von Cornelius hatten als Nazarener ein ausgewiesenes Faible für symbolische Überhöhung –, als gäbe es einen breiten gemeinsamen Nenner. Auch auf politischer Ebene teilte man in Sachsen und dem Rheinland das gleiche Schicksal, nach dem Wiener Kongress mit Gewalt unter die preußische Haube gesteckt worden zu sein. Doch schon bald kam es innerhalb der jungen Schule zu Spannungen. Eine neue Generation experimentierte mit vorimpressionistischen Techniken, interessierte sich für Lichteffekte, und bald waren auch die ersten Zeichen des deutschen Realismus am Rhein nicht mehr übersehbar. Zwischen der sächsischen Landschaftsmalerei und der Düsseldorfer Malerschule bestand ein entsprechend spannungsgeladener, aber erstaunlich reger Austausch, der nun zum ersten Mal in einem Gemeinschaftsprojekt des Kunstpalasts und des Leipziger Museums der bildenden Künste dialogisch nacherzählt wird. Auf sächsischer Seite werden neben sechzig Werken Friedrichs unter anderen Carl Gustav Carus, Ludwig Richter und Ernst Ferdinand Oehme gezeigt, während Carl Friedrich Lessing, Andreas Achenbach und Johann Wilhelm Schirmer die Düsseldorfer Malerschule repräsentieren. Die kuratorische Idee dahinter ist deshalb so besonders reizvoll, da sie die inneren ideologischen Wiedersprüche einer Nation während ihrer Entstehung aus der Sicht der Malerei nachzeichnet und damit gleichzeitig beweist, dass große Kunst sich auch nach Jahrhunderten im Rampenlicht nicht abnutzt, solange man sie jedes Mal von einer anderen Seite beleuchtet.

 

 

Caspar David Friedrich und die Düsseldorfer Romantiker
15.10.2020 – 7.2.2021
Kunstpalast
Ehrenhof 4-5
D-40479 Düsseldorf
Tel.: +49-211-56642100
Di – So 11 – 18 Uhr, Do 11 – 21 Uhr
Eintritt: 10 €, erm. 8 €
www.kunstpalast.de

Text: Julius Tambornino
Bild: Kunstpalast
Erstveröffentlichung in kunst:art 75