Gegenüberstellungen in Chemnitz

6.9. – 29.11.2020 | Museum Gunzenhauser

Das Museum Gunzenhauser in Chemnitz, das erste Sammlermuseum seit 2007 in den neuen Bundesländern, beschäftigt sich in seiner diesjährigen Sommerausstellung mit dem Thema Mensch und hat dafür den Künstler Sebastian Gögel als zeitgenössische Position ausgewählt. Den Arbeiten Gögels werden Werke aus der Sammlung Gunzenhauser zur gleichen Thematik gegenübergestellt. Für diese Sonderausstellung sind es Gemälde und Grafiken von Otto Dix, Max Beckmann, Georg Schrimpf, Conrad Felixmüller und anderen Künstlern.

Der aus dem thüringischen Sonneberg stammende Sebastian Gögel studierte von 1997 bis 2002 an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig Malerei und Grafik. Anschließend war er bis 2005 Meisterschüler bei Sighard Gille. Gille gehört zu den Vertretern der Neuen Leipziger Schule. Sebastian Gögel lebt und arbeitet in Leipzig.

Von je her ist die Darstellung des Menschen in der bildenden Kunst von höchstem Interesse. Die Neugier und die Beschäftigung mit der eigenen Spezies ist über die Jahrhunderte hinweg überwiegend traditionell, aber nicht nur. Hieronymus Bosch (um 1450–1516) dürfte der erste berühmte Künstler gewesen sein, dessen Arbeiten sich mit den seelischen und psychischen Abgründen des Menschen intensiv beschäftigten, deren Deutungen bis heute dem Betrachter Rätsel aufgeben. Die Arbeiten von Sebastian Gögel tragen natürlich handwerklich eine ganz andere Handschrift, aber inhaltlich fühlt man sich durchaus an den mysteriösen Maler aus den Niederlanden erinnert und sieht eine Nähe.

In der intensiven Gegenüberstellung der Ausstellung mit den Künstlern aus der Sammlung lassen sich Gemeinsamkeiten finden. Das Spannende daran ist, dass sich in der Vergangenheit sowie in der Gegenwart Parallelen in und zu den Werken finden lassen. Da ist zum einen die scharfe Beobachtungsgabe der Künstler und ihre feine Wahrnehmung gesellschaftlicher Veränderungen und Umbrüche. Aber derweil ist auf den zweiten Blick nicht alles so düster, wie es zu scheinen meint. Eine leichte heitere Note lässt sich in dem ein oder anderen Bild finden. Tragik und Komik liegen oft dicht nebeneinander. Der Mensch erscheint in Chemnitz wie durch ein Kaleidoskop in all seinen Facetten. Eine Schau, die dazu anregt, sich als Betrachter in eine Selbstreflexion zu begeben. Einzutauchen in das, was den Menschen gestern und heute bewegt. Denn bei all den gesellschaftlichen Einflüssen, die den Menschen entzweien oder einen, liegt der Mantel der Menschlichkeit. Dieser humane Gedanke und die Fähigkeit, die uns vom Tier unterscheidet, stimmen versöhnlich.

Sebastian Gögel verzichtet in seinen Arbeiten auf eine Vorzeichnung. Diese freie Arbeitsweise erfordert eine sichere Vorstellung von dem, was auf der Leinwand entstehen soll. Eine Herausforderung, denn jede Korrektur einer Linie, eines Striches ist das Eingestehen eines Fehlers, den es zu vermeiden gilt. Der Künstler lässt sich nicht auf einen Stil festlegen, denn immer wieder überrascht er den Betrachter gekonnt aufs Neue.

 

 

Sebastian Gögel. Allzumenschliches
6.9. – 29.11.2020
Museum Gunzenhauser
Falkeplatz
D-09112 Chemnitz
Tel.: +49-371-4887024
Di + Do – So 11 – 18 Uhr, Mi 14 – 21 Uhr
Eintritt: 8 €, erm. 5 €
www.kunstsammlungen-chemnitz.de

Text:Nadja Naumann
Bild: Museum Gunzenhauser
Erstveröffentlichung in kunst:art 75