Kunst in freier Natur

1.8.2020 bis 2022 | Skulpturenpark Köln

Es gibt viele Argumente, warum man sich Skulpturenparks anschaut, statt in ein Museum zu gehen. Da wäre die Naturverbundenheit, die Kombination von Natur und Kunst, sicherlich auch körperliche Ertüchtigung, um nur drei Gründe zu nennen. Für manch einen mag nun derzeit auch in den Blickpunkt geraten zu sein, dass geschlossene Räume hinsichtlich einer Ansteckungsgefahr grundsätzlich eher gemieden werden sollten. Zwar, so kann man bisher bilanzieren, gehen die Museen vorbildlich mit ihrer Verantwortung um, und tatsächlich hört man von vielen Orten, an denen Ansteckungen bisher vermutet werden, doch ein Museum war bisher nicht dabei. Und doch mag der eine oder andere skeptisch sein, aber Sehnsucht nach Kunst haben. Was also wäre näherliegend, als in einen Skulpturenpark zu gehen?

In Köln, der Stadt unseres Redaktionssitzes, gibt es an ganz zentraler Stelle einen wunderschönen Skulpturenpark, der zwischen Rhein und Zoo gelegen kaum zu verfehlen ist. Alle zwei Jahre werden durch einen wechselnden Kurator einige Skulpturen durch neue ersetzt und unter einem Motto präsentiert. Dieses Jahr verantwortet Tobias Berger, der Chefkurator am Tai Kwun Centre of Heritage and Arts in Hongkong, die Präsentation „ÜberNatur – Natural Takeover“.

Der Kurator Tobias Berger schreibt selbst, dass es kein Zufall sei, dass zu Zeiten einer Pandemie, also zu Zeiten, in denen die Natur den Menschen ein Stück weit aus der Bahn wirft, er eine Ausstellung der Natur widmet. Wichtige Fragen zu stellen und Probleme zu benennen, sieht er als wichtige Aufgaben der Kunst an und damit auch dieser Ausstellung. Es sei ihm klar, auch wenn die Ausstellung „die schwierigen Fragen unserer Zeit nicht erschöpfend beantworten wird, so kann sie doch dazu beitragen, drängende Probleme zu benennen“.

Die teilnehmenden Künstler sind handverlesen und größtenteils sehr bekannt. So sind beispielsweise Thomas Schütte und Rosemarie Trockel, aber auch Lois Weinberger, Leiko Ikemura, Anish Kapoor und Per Kirkeby neben gut vier Dutzend anderen vertreten. Darüber hinaus gibt es noch weitere Exponate, die ebenfalls im Skulpturenpark stehen, aber nicht zur aktuellen Ausstellung hinzugezählt werden.

Einzigartig dürfte der Skulpturenpark Waldfrieden in Wuppertal sein, denn hier ist es weder ein Verein noch eine Gemeinde, die den Park unterhält; Tony Cragg, der Bildhauer aus Liverpool, hat in seiner Wahlheimat Wuppertal ein einzigartiges Refugium geschaffen. Wer sich die Wechselausstellungen anschauen möchte, sollte gutes Schuhwerk und ein wenig Zeit mitbringen. Es ist hügelig um die Villa Waldfrieden, die alleine schon ein Baudenkmal darstellt: Keine Ecken, fließende, organische Strukturen sollten das Haus, das der Architekt Franz Krause Ende der 1940er Jahre für den Fabrikanten Kurt Herberts baute, mehr wie eine Haut wirken lassen denn als ein kaltes Bauwerk. Die Villa passt aber auch zu Tony Cragg, dem man ohne zu zögern die Urheberschaft an ihr zusprechen würde, wüsste man es nicht besser. In der Parkanlage und in zwei neu gebauten transparenten Ausstellungshallen finden Ausstellungen mit bekannten Kollegen Craggs statt. Immer wieder übergibt der ehemalige Düsseldorfer Akademieprofessor aber auch jungen aufstrebenden Bildhauern die Bühne, so dass das Publikum neben Altbekanntem auch aufregend Neues zu sehen bekommt.

Derzeit gibt es im Skulpturenpark Waldfrieden eine renommierte Position zu sehen: Sean Scully, der irische Bildhauer, zeigt Materialien wie Stein, Stahl, Holz und Glas an großformatigen Werken. Noch bis Anfang Januar kann man im Park und in den Ausstellungshallen drei- aber auch zweidimensionale Arbeiten Scullys entdecken.

In jeder Hinsicht anders ist der Skulpturenpark Katzow in der Nähe von Greifswald. Auf einem riesigen Gelände befinden sich teils ebenso gigantische Skulpturen. Die Werke, meist aus Holz oder Stahl, wurden von über 100 Künstlern vor Ort geschaffen. Regelmäßige Bildhauerworkshops mit internationalen Künstlern haben das Konvolut des Skulpturenparks stetig erweitert. Ein Platz, an dem man ausgiebig spazieren und Kunst entdecken kann. Seine beste Zeit hat der Skulpturenpark Katzow leider bereits hinter sich: Die Ausstellungstätigkeit der vorhandenen Ausstellungshalle und der Cafébetrieb wurden eingestellt, auch die Workshops finden unregelmäßiger statt als vor zehn Jahren. Doch vor allem personell sowie finanziell sind die Zeiten in Katzow nicht rosig. Potenzial ist vorhanden, es wartet nur darauf, wieder geweckt zu werden. Einem Besuch steht aber derweilen nichts entgegen, es ist ein wahres Erlebnis!

KölnSkulptur #10. ÜberNatur – Natural Takeover
1.8.2020 bis 2022
Skulpturenpark Köln
Riehler Str. (Haupteingang)
D-50668 Köln
Tel.: +49-221-33668860
Täglich 10:30 – 17 Uhr
Eintritt frei
www.skulpturenparkkoeln.de

Sean Scully – Insideoutside
bis zum 3.1.2021
Skulpturenpark Waldfrieden
Hirschstr. 12
D-42285 Wuppertal
Tel.: +49-202-47898120
Di – So 11 – 18 Uhr
Eintritt: 12 €, erm. 9 €
www.skulpturenpark-waldfrieden.de

Skulpturenpark Katzow
Dorfstr. 45
D-17509 Katzow
Tel.: +49-38373-26605
Täglich 24 Stunden
Eintritt frei
www.skulpturenpark-katzow.eu

Text: Christian Corvin
Bild: Skulpturenpark Köln
Erstveröffentlichung in kunst:art 75