Die Wirklichkeit im Malkasten

08.03.2020 - 07.02.2021 | Haus Opherdicke

Acht Jahre nach ihrer Erstpräsentation auf Schloss Cappenberg beweist Thomas B. Schumanns Sammlung, die sich bis heute als Einzige ihrer Art auf Kunst von Exilanten des NS-Regimes konzentriert, mit ihrem zweiten Auftritt im Kreis Unna, dass sie aufgrund ihres stetig weiterwachsenden Umfangs inzwischen auch in der Lage ist, spezialisierte Ausstellungen zu begründen. So geht es nun um 14 Künstler, die mit Skandinavien als Zufluchtsort eine Minderheit innerhalb der traurigen Masse an vertriebenen Kulturschaffenden dieser Zeit repräsentieren.

Nach einer langen Phase der offenen Einreisepolitik unterstellte man ab 1938 den humanitären Auftrag immer mehr dem Willen, die politische Neutralität zu wahren. Einerseits war es untersagt, der Öffentlichkeit zur Last zu fallen, andererseits wurde der Weg in die eigene Unterhaltsfähigkeit durch komplizierte Antragsverfahren erschwert. Die Parallele zur Behandlung von Flüchtlingen in der Jetztzeit sollte unserer Gesellschaft eine Warnung sein, und gleichzeitig kommt eine Beschäftigung mit diesen vergessenen Werken besser spät als nie. Wie wichtig sie den Betroffenen nicht nur zum künstlerischen Überleben waren, bezeugen die bewegenden Worte Lotte Lasersteins: „Hätte ich nicht meine eigene Wirklichkeit im Malkasten gehabt, (…) so hätte ich die Jahre nicht überstanden.“

Die Ausstellung wird ergänzt durch zeitgenössische Collagen und Zeichnungen der schwedischen Künstlerin Ann Böttcher, die sich mit der Rolle der Natur für die Bildung nationaler Identität in Deutschland beschäftigt.

 

Nach Norden. Deutsche KünstlerInnen im skandinavischen Exil
bis zum 7.2.2021
Haus Opherdicke
Dorfstr. 29
D-59439 Holzwickede
Tel.: +49-2301-9183972
Di – So 10:30 Uhr – 17:30 Uhr
Eintritt: 4 €, erm. 3 €
www.kreis-unna.de

Text: Julius Tambornino
Bild: Haus Opherdicke
Erstveröffentlichung in kunst:art 75