Wenn Künstler sich in die Deutung ihres eigenen Werkes mit einbringen, kann dies kontraproduktive Effekte hervorrufen. Dass bei der Berliner Installationskünstlerin Alicja Kwade, von der zu beinahe jedem größeren Projekt ein ausführliches Statement verfügbar ist, das Gegenteil der Fall ist, liegt letztlich an einer konzeptuellen Komplexität, die angesichts der ebenfalls unzweifelhaften ästhetischen Qualität ihrer Arbeiten Gefahr liefe, vom Großteil der Betrachter in ihrer Tiefe unbemerkt zu bleiben. Als Kwade vor zwei Jahren ein raumfüllendes Stahlraster mit riesigen Gesteinskugeln im Zürcher Haus Konstruktiv aufbaute, hätte dies vor dem Hintergrund des Ortes auch als rein konstruktivistisches Machwerk ausreichend Eindruck hinterlassen. Bei ihr allerdings scheint sich das Interesse am Formalen stets mit einer ebenbürtigen epistemologischen Hingabe zu Fragen nach der Herkunft unserer Wissenssysteme zu mischen. Und so ergibt sich aus einem vemeintlich klaren Werk wie dem Zürcher „Linienland“ ein Baum aus Fragen über die Realität und Notwendigkeit sozialer Gefüge.
Für die Langen Foundation konzipierte die Künstlerin nun eigens eine Reihe von Arbeiten, die sich aus dem Inneren ins Äußere ergießen und nicht mal vor der monumentalen Treppe Halt machen. So fügt sich, was zusammengehört, denn wo könnte sich ein Ansatz, dem an einer Befragung der vermeintlichen Axiome unserer Wahrnehmung und des Wissens gelegen ist, besser entfalten als in und um den wunderbaren Bau von Tadao Andō, der seinerseits die Grenzen zwischen Natur und Architektur verwischt?
Alicja Kwade. Kausalkonsequenz
7.9.2020 – 18.4.2021
Langen Foundation
Raketenstation Hombroich 1
D-41472 Neuss
Tel.: +49-2182-570115
Täglich 10 – 18 Uhr
Eintritt: 8 €, erm. 5 €
www.langenfoundation.de
Text: Julius Tambornino
Langen Foundation
Erstveröffentlichung in kunst:art 75
