Narben einer radikalen Vergangenheit

14.8.2020 – 14.2.2021 | Zitadelle | Bastion Kronprinz

Runen, SS-Totenköpfe, Hakenkreuze: Symbolträchtige Tattoos sind bei Neonazis beliebt, um die Zugehörigkeit zur rechten Gesinnung zu demonstrieren. Für Aussteiger aus der radikalen Szene wird das zum Problem. Der Fotograf Jakob Ganslmeier hat für sein Projekt „Haut, Stein“ zehn ehemalige Neonazis begleitet, die sich ihre Tattoos weglasern ließen. „Wenn man den ganzen Rücken tätowiert hat, dann braucht das drei oder vier Jahre. Der Laserprozess ist sehr aufwendig“, so der Fotograf. Mit der Entfernung sei immer auch eine tiefe Auseinandersetzung mit der eigenen Lebensgeschichte verbunden. Und die kann mitunter schmerzhaft sein. Die Farbfotografien sind das Ergebnis dieser Auseinandersetzung. Aber sie erinnern auch an den Prozess, thematisieren die Vergangenheit und genauso auch die Zukunft.

Der zweite Teil des Ausstellungsprojekts setzt sich mit Architekturen aus der NS-Zeit auseinander. Jakob Ganslmeier fotografierte Gebäude mit NS-Symbolen, die sich noch immer in vielen deutschen Städten befinden. Ganslmeiers künstlerische Intention dabei: Wie weit liegt die Vergangenheit wirklich in der Vergangenheit, wenn diese früheren Machtdemonstrationen der Nazis bei uns im Stadtbild noch so deutlich zu sehen sind? Zu sehen sind Spuren weggemeißelter Hakenkreuze, übertünchte Reichsadler und Relikte anderer Symbole, die noch immer in die Gebäude eingeschrieben sind. Aus der Zusammensetzung von den Porträts der Aussteiger und den Architektur-Fotografien entsteht eine Analyse, die den Umgang mit Zeichen und Praktiken aus der NS-Zeit bis heute aufweist und den Diskurs über ein vermeintlich abgeschlossenes Kapitel lebendig hält.

Haut, Stein
14.8.2020 – 14.2.2021
Zitadelle | Bastion Kronprinz
Am Juliusturm 64
D-13599 Berlin
Tel.: +49-30-3549440
Mo – Mi 10 – 17 Uhr, Do 13 – 20 Uhr, Fr – So 10 – 17 Uhr
Eintritt: 4,50 €, erm. 2,50 €
www.zitadelle-berlin.de

Text: Stefan Simon
Bild: Zitadelle / Bastion Kronprinz
Erstveröffentlichung in kunst:art 75