Facetten der Berührung

19.9.2020 – 24.1.2021 | Museen Böttcherstraße

Die Besuchermassen schieben sich entlang der Fresken Raffaels. Thomas Struths Aufnahme „Stanze di Raffaello II“ entstand drei Jahrzehnte vor Corona, wo Abstandsregel nicht nur in italienischen Museen ein Fremdwort war. An Aktualität kaum zu übertreffen ist dagegen die Fotografie von Michael Wolf „Tokyo compression #75“ (2010). Beim Anblick der gefalteten Hände und des durch eine Maske verdeckten Gesichts hinter der von Atem beschlagenen U-Bahn-Tür kommen Assoziationen an Corona-bedingte Schutzmaßnahmen auf.

Mit der Ausstellung wird ein jahrhunderteumfassendes und genreübergreifendes Motiv in der Kunst aufgegriffen, das aktueller nicht sein könnte. Aspekte wie Fürsorge und Liebe, aber auch Verletzung und Schmerz werden in den sammlungseigenen Kunstwerken von Paula Modersohn-Becker, Tilman Riemenschneider, Bernhard Hoetger oder Lucas Cranach dem Älteren thematisiert. Leihgaben von Künstlern wie Stephan Balkenhol, Käthe Kollwitz, August Macke oder Robert Mapplethorpe ergänzen die Sammlungswerke. In fünf Themenräumen wird der existentielle Stellenwert der Berührung für unsere Gesellschaft verdeutlicht. So wie die Berührung zwischen einer Mutter und ihrem Kind wie das Beispiel „Maria lactans“ (1515) zeigt. Ob es sich nun um innige Zuwendung wie in dem Holzschnitt „Kuss II“ von Edvard Munch (1897) oder um schmerzhafte Erfahrungen wie in dem Video „Light/Dark“ (1977) von Marina Abramovic und Ulay handelt, die Relevanz und die Notwendigkeit der Berührung für das Menschsein wird in Bremen offengelegt. Denn erst durch die Berührung erkennt der Mensch die Welt.

 

 

Berührend. Annäherung an ein wesentliches Bedürfnis
19.9.2020 – 24.1.2021
Museen Böttcherstraße
Böttcherstr. 6
D-28195 Bremen
Tel.: +49-421-3388222
Di – So 11 – 18 Uhr
Eintritt: 10 €, erm. 6 €
www.museen-boettcherstrasse.de

Text: Stefan Simon
Bild: Museen Böttcherstraße
Erstveröffentlichung in kunst:art 75