Filme und druckvolle Videoarbeiten hier und feinteilige Zeichnungen da: Der Gegensatz könnte nicht größer sein und doch vereint das so disparate Werk von Harun Farocki und Florentina Pakosta das gemeinsame Interesse an der „Physiognomie der Macht“. Der 1944 im heutigen Tschechien geborene Filmemacher gehörte bis zu seinem Tod 2014 zu den prägenden Figuren der deutschen Filmszene, nicht zuletzt in seiner Rolle als Hochschullehrer in Berlin. Seine Filmessays und Videoinstallationen nehmen die Mechanismen der Kontroll- und Überwachungsgesellschaft ins Visier und beleuchten, ganz besonders beklemmend, die Rolle digitaler Medien in der modernen Kriegführung. Bei der Fernsteuerung von Drohnen beispielsweise erkennt Farocki erschreckende Deformationen des Menschlichen, wenn er gelangweilte oder genervte Soldaten zeigt, die, hinter ihrer Videobrille verpanzert, mit der Maus aus ihrem Unterstand weit weg eine tödliche Ladung steuern.
Die gesellschaftliche Erfahrung des männlichen Antlitzes der Macht bringt Florentina Pakosta (* 1933 in Wien) in den 1960er Jahren auf die Spur des Barockbildhauers Franz Xaver Messerschmidt: Hier wie dort entdeckt sie bizarre Deformationen. Alte Meister und moderne Medienbilder bilden fortan die Gemengelage, aus der sich Pakostas handwerklich stets souveränes Werk speist: Patriarchat und Kapitalismus bilden eine definitiv unheilige Allianz. Köpfe und Pistolenläufe verschmelzen zu bizarren Mutationen, ein doppelter Kopf gesellt dem männlichen Gesicht vorn eine rückwärtige Bulldoggenfratze zu.
Physiognomie der Macht. Harun Farocki & Florentina Pakosta
21.11.2020 – 5.4.2021
Museum der Moderne Salzburg
Mönchsberg 32
A-5020 Salzburg
Tel.: +43-662-842220
Di – So 10 – 18 Uhr, Mi 10 – 20 Uhr
Eintritt: 8 €, erm. 6,50 €
www.museumdermoderne.at
Text: Dieter Begemann
Bild: Museum der Moderne Salzburg
Erstveröffentlichung in kunst:art 76