Gar nicht so eindeutig

30.10.2020 – 21.2.2021 | Lentos Kunstmuseum Linz

Ein könnte nostalgisch werden, wenn das Museum Lentos auf die 70er-Jahre zurückblickt. Besonders, da wir hier durch die Augen des im März 90 gewordenen Franz Gertsch sehen. Freunde, Familie und Patty Smith als Motive sorgen für wohlige Erinnerungen. Doch das reicht nicht für eine Museumsschau. Und natürlich steckt hinter den fotorealistischen Arbeiten noch weitere Erzählung. Die gutgelaunten jungen Menschen der wilden 70er auf dem ikonisch gewordenen Gruppenporträt „Medici“ haben nicht etwa eine Baustelle zu ihrem Hangout gemacht. Tatsächlich handelt es sich um Künstlerkollegen vor dem Museum Luzern, das ihnen gerade den Eintritt verwehrt hat.
Der Geist der 70er spiegelt sich hier wider: Viele Ältere hielten insbesondere langhaarige Jüngere für verwöhnt und müßiggängerisch. Doch hinter dem scheinbar beiläufig entstandenen Schnappschuss steht in Gertschs Umsetzung als 24 Quadratmeter große Malerei einiges an Akribie und Fleiß. Und auch Patti Smith war nicht immer ein anerkanntes Mitglied des kulturellen Kanons, sondern kommt aus der kämpferisch unkonformistischen Punkbewegung. Selbst der Kavallerist in „Huaa…!“, schon 1969 nach einer fotografischen Vorlage entstandenen, befindet sich zwar in aggressiver Vorwärtsbewegung. Die Szene des Spielfilms „Der Angriff der leichten Brigade“, nach der das Gemälde entstand, zeigt allerdings den Augenblick, in dem der dargestellte Captain Nolan tödlich getroffen wird. Die Themen in Gertschs Fotorealismus sind nur scheinbar leicht zu erkennen.

 

Franz Gertsch. Die Siebziger
30.10.2020 – 21.2.2021
Lentos Kunstmuseum Linz
Ernst-Koref-Promenade 1
A-4020 Linz
Tel.: +43-732-70703600
Di – So 10 – 18 Uhr, Do 10 – 21 Uhr
Eintritt: 8 €, erm. 4,50 – 6 €
www.lentos.at

Text: Jan Bykowski
Bild: Lentos Kunstmuseum Linz
Erstveröffentlichung in kunst:art 76