In der Pariser Impasse Ronsin, einer kuriosen Sackgasse im Montparnasse-Viertel, bestand über hundert Jahre von 1864 bis 1971 eine Ateliersiedlung. Etwa 220 Künstler verschiedenster Herkunft und unterschiedlicher Kunstrichtungen hatten hier Atelier und Wohnung. Die Bandbreite reichte vom akademischen Bildhauer Alfred Boucher bis hin zur argentinischen Performancekünstlerin Marta Minují. Zu den bekanntesten Bewohnern der Impasse Ronsin gehörten Eva Aeppli, William Copley, André Del Debbio, Max Ernst, Jasper Johns, Claude und François-Xavier Lalanne, James Metcalf, Isamu Noguchi, Larry Rivers, Niki de Saint-Phalle und Jean Tinguely. Der berühmteste Bewohner war der aus Rumänien stammende Bildhauer und Fotograf eigener Werke im Umfeld seines Ateliers Constantin Brancusi (1876–1957), der von 1916 bis zu seinem Tod hier arbeitete.
Die Berüchtigtste war Madame Steinheil. Marguerite Steinheil, geborene Japy, (1869–1954) kam aus einer wohlhabenden Industriellenfamilie und heiratete den Maler Adolphe Steinheil. Ihre Einladungen in der Impasse Ronsin wurden zu einem beliebten Treffpunkt eines literarischen Salons. Ihr Mann wurde 1897 vom französischen Staatspräsidenten Félix Faure nach Chamonix eingeladen und Marguerite wurde dessen Geliebte. Wahrscheinlich war sie pikanterweise auch die Mörderin des Präsidenten. Ihr Mann und ihre Stiefmutter wurden 1908 tot in der Wohnung aufgefunden. Somit wurde die Impasse Ronsin zu einem der bekanntesten Kriminalschauplätze des frühen 20. Jahrhunderts.
Impasse Ronsin. Mord, Liebe und Kunst im Herzen von Paris
16.12.2020 – 5.4.2021
Museum Tinguely
Paul Sacher-Anlage 1
CH-4002 Basel
Tel.: +41-61-6819320
Di – So 11 – 18 Uhr
Eintritt: 18 CHF, erm. 12 CHF
www.tinguely.ch
Text: Nadja Naumann
Bild: Museum Tinguely
Erstveröffentlichung in kunst:art 76