Dies ist keine Ausstellung von Emil Nolde, sondern eine über Emil Nolde und vor allem darüber, wie wir ihn wahrnehmen. Der norddeutsche Expressionist ist bekanntlich in jüngster Zeit in ein eher kritisches Licht gerückt: Verantwortlich hierfür war sein Liebäugeln mit dem Nationalsozialismus. Nach der heftige Wellen schlagenden Diskussion – die Bundeskanzlerin ließ ein Gemälde Noldes aus ihren Amtsräumen entfernen – lädt die Draiflessen Collection nun zu „Emil Nolde – A critical Approach by Michael Kuball“. Dem Konzeptkünstler Kuball (* 1959) geht es in seinen medialen Installationen um die Auflösung fixierter Deutungsmuster: Im Falle Emil Noldes wären das die Stilisierung zum Helden des inneren Widerstandes (in Siegfried Lenz‘ „Deutschstunde“ etwa) wie auch eine allzu vorschnelle und selbstgerechte Kritik. Noldes Kunst ist zeitgebunden – wie auch die Bewertung dieser (und jeder anderen) Kunst.
Für Michael Kuball, seit 2007 Professor für „Public Art“ an der Kölner Medienhochschule, ist dies nicht das erste sozusagen Meta-Kunst-Projekt: Schon 2017 ging Kuball im Kirchner Museum in Davos mit „Licht auf Kirchner“, ebenso wie jetzt bei Nolde, einer hochgradig widersprüchlichen Persönlichkeit nach und den Mechanismen künstlerischer Selbstinszenierung. Das Verhältnis von Kunst und Politik zudem erweist sich als brisantes Spannungsfeld – damals wie heute. Statt historischer Recherche (die bietet ein umfangreicher Begleit-Katalog) wählt Kuball mit Bedacht die offenere ästhetische Aussageform.
Emil Nolde. a critical approach by Mischa Kuball
11.10.2020 – 7.2.2021
Draiflessen Collection
Georgstr. 18
D-49497 Mettingen
Tel.: +49-5452-91680
Mi – So 11 – 17 Uhr
Eintritt: 9 €, erm. 6 €
www.draiflessen.com
Text: Dieter Begemann
Bild: Draiflessen Collection
Erstveröffentlichung in kunst:art 76