Fernes Grauen ganz nah

20.11.2020 – 24.1.2021 | Städtische Galerie Nordhorn

Paul Seawright betrachtet politische Krisen weltweit mit der Kamera. Dafür blickt er nicht auf laufende Gefechte oder ähnlich Spektakuläres. Denn Konflikte wirken auch im Hinterland der beteiligten Parteien, in der Lebenswirklichkeit der Bevölkerung. Hier zeitigen sie ebenso Folgen und lassen einen veränderten Alltag zurück. Während auf den Schlachtfeldern meist nur Gewalt und Verwüstung zu erkennen ist, lässt sich hier oft mehr über die Bruchlinien und Fronten der großen Politik lernen. Solche Orte interessieren den dokumentierenden Ästheten Seawright. Ihm zeigen sich die Folgen von 9/11 und dem Afghanistan-Konflikt in einer einsam in einem Hinterhof in Dallas wehenden Stars-and-Stripes, die zu einer Rekrutierungsstation der Streitkräfte gehört. Eine rissige Straße, Parkplätze, Stromleitungen – trostlos sieht es aus in den Bezirken, aus denen überdurchschnittlich viele US-Soldaten stammen.

Auf der „anderen Seite“ des Konfliktes, in Afghanistan, kann Seawright Grauen und lauernde Gefahr auch ohne Action nahebringen. Minenfelder bergen einen plötzlichen Tod, was sich unter den Hügeln in einer weiten Steppenlandschaft verbirgt, kann man nur befürchten. Aus den letzten Jahrzehnten und aus unterschiedlichsten Teilen der Welt stammen die Serien der eindringlichen Beobachtungen des 55-jährigen Fotografen. Die nächste, hoffentlich weniger tödliche Konfliktlinie deutet sich schon wieder an, nicht weit von seiner Heimatstadt Belfast entfernt. Nach der Phase freien Übergangs droht hier schon bald wieder eine harte Grenze.

Paul Seawright
20.11.2020 – 24.1.2021
Städtische Galerie Nordhorn
Vechteaue 2
D-48529 Nordhorn
Tel.: +49-5921-971100
Di – Fr 14 – 17 Uhr, Sa 14 – 18 Uhr, So 11 – 18 Uhr
staedtische-galerie.nordhorn.de

Text: Jan Bykowski
Bild: Städtische Galerie Nordhorn
Erstveröffentlichung in kunst:art 76