Goldene Generation

22.10.2020 – 28.03.2021 | Das verborgene Museum

Es geht nicht um Goethe. Mit den Wahlverwandtschaften im Verborgenen Museum sind vielmehr die Mechanismen gemeint, die für eine ganz besondere Anziehung und Bindung sorgen, die sich im Idealfall zwischen Fotografinnen und Porträtierten einstellt. Die Ausstellung konzentriert sich auf Frauen mit Geburtsjahr um 1900 und damit auf eine äußerst vielfältige Generation, besonders in Berlin. Hier waren die Salons von Frieda Riess eine gesellschaftliche Institution. Schon ein Blick auf die Namen, die sich bei „der Riess“ trafen und oft auch vor die Kamera traten, zeichnet ein Epochenbild: Liebermann, Slevogt oder auch ihr – wenn auch kurzfristiger – Lebensabschnittsgefährte Gottfried Benn. Ihre Fotografien wurden von Alfred Flechtheim ausgestellt, mit ihrem eigenen Fotoatelier war Frieda Riess als Unternehmerin zudem auch eine der ersten Selfmade-Frauen im Berlin der 20er. Allerdings, auch das zeigt die Ausstellung, nicht die einzige Frau, die in diesem Feld reüssierte. Yva war besonders mit Modefotografie wirtschaftlich erfolgreich, ihr Atelier ernährte mehrere Angestellte, ebenso wie dasjenige von Susanne Byk. Steffi Brandl fotografierte die Stars ihrer Zeit, Lucia Moholy lehrte am Bauhaus.

Diese in manch kultureller Hinsicht eben doch goldenen 20er-Jahre wurden durch die Nazi-Barbarei abgebrochen. Die meisten dieser Fotografinnen waren zur Emigration gezwungen, die Szene dadurch in alle Welt verstreut. Wer auch nach dem Ausstellungsbesuch die Augen offen hält, muss heute Namen daraus auf Stolpersteinen wiederfinden.

 

 

Wahlverwandtschaften
22.10.2020 – 28.03.2021
Das verborgene Museum
Schlüterstrasse 70
10625 Berlin – Charlottenburg
+49 (0) 30 313 36 56
Donnerstag, Freitag 15 – 19 Uhr
Samstag, Sonntag 12 – 16 Uhr
www.dasverborgenemuseum.de

Text: Jan Bykowski
Bild: Das verborgene Museum
Erstveröffentlichung in kunst:art 76