Die Idee der Landschaft

10.7. – 3.10.2021 | Kunsthalle Emden

Was macht einen Landschaftsmaler zu ebendiesem? Gut, seine Bilder sollten etwas mit Landschaft zu tun haben. Das ist klar! Aber war es das auch schon? Sven Drühl jedenfalls kokettiert mit dem Gedanken, dass er zwar Landschaften malt, diese seine Kunst aber nicht in den Kanon der Landschaftsbilder, der Landschaftsmalerei passt. Denn er steht nicht in der Natur und er benutzt auch keine typischen Malerei-Materialien. Er verwendet Vorbilder aus der Kunst bis zurück in die Romantik, aber auch Grafiken aus der Gaming-Szene. Er selbst spricht davon, dass er sich auf die Kunst der Kollegen stütze und Remixe der Werke schaffe, vergleichbar einem DJ in der Musik.

Sven Drühl wurde 1968 im rheinland-pfälzischen Nassau geboren und studierte Anfang der 90er Jahre Kunst und Mathematik an der Universität Essen. Die ersten Jahre nach seinem Studium übernahm Drühl Lehrtätigkeiten an verschiedenen Hochschulen, und seit dieser Zeit ist er als Mitarbeiter vom Kunstforum International auch im Spannungsfeld von journalistischer Arbeit und kunsthistorischer Tätigkeit unterwegs. Erste heute bekannte Werke und Ausstellungen des inzwischen in Berlin lebenden Künstlers stammen aus den Jahren 1999 bis 2001.

Doch kommen wir zurück zu der Frage, ob Sven Drühl ein Landschaftsmaler ist. Normalerweise strebt ein Landschaftsmaler danach, die Landschaft, die er sieht, wiederzugeben. Das kann detailgetreu und naturalistisch sein oder auch verfremdet und idealtypisch. Sven Drühl jedoch zeigt nicht ihm bekannte Landschaften, sondern ihm bekannte Landschaftsdarstellungen. Er verwendet Werke oder auch nur Fragmente von Werken Caspar David Friedrichs, Ferdinand Hodlers oder auch von Eberhard Havekost und Wolfgang Tilmanns. Er greift in seinen Bildern die Idee der Landschaft auf und arbeitet damit, wie ein DJ Tonabfolgen anderer Musiker nimmt und aus diesen ein neues Werk schafft.

Seit einigen Jahren sind es aber nicht nur Künstler, auf die sich Sven Drühl „stützt“, sondern vermehrt auch landschaftliche Hintergründe aus Computerspielen, die ihrerseits wieder die Idee einer Landschaft darstellen. Hierdurch wird die dargestellte Landschaft immer weniger konkret. Es handelt sich, so naturalistisch das im Einzelfall aussehen mag, immer mehr um eine mögliche Landschaft, eine Idee von einer Landschaft.

Handelt es sich also um Landschaftsmalerei oder um Konzeptkunst? Ist es überhaupt wichtig, dass die Darstellungen Landschaften zeigen? Könnten es auch Porträts sein, anhand derer es eigentlich um Originalität, Autorenschaft und die Frage nach der Entwicklung der Malerei geht? Es würde hier zu weit führen, aber auch darum geht es in Drühls Werk: Die Darstellung von Licht und Schatten, Fläche und Raum und vieles mehr.

 

 

Sven Drühl. Apokryphe Landschaften
10.7. – 3.10.2021
Kunsthalle Emden
Hinter dem Rahmen 13
D-26721 Emden
Tel.: +49-49-21975050
Di – Fr 10 – 17 Uhr
Eintritt: 9 €, erm. 7 €
www.kunsthalle-emden.de

Text: Mathias Fritzsche
Bild: Kunsthalle Emden
Erstveröffentlichung in kunst:art 80

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Ein Thema jagt das nächste: Der Wochengipfel hält ein oder zwei Themen fest und bringt sie in Erinnerung. Was war vergangene Woche so wichtig, dass man Schnappatmung bekam und ist diese Woche dennoch schon vergessen? Oder über welche Nachricht hat man sich so gefreut, dass man auf den Balkon ging und die Nachricht für die ganze Welt in den Abendhimmel geschrien hat?