Die Kunst der Wissenschaft

01.05.2021-16.01.2022 | ZKM | Zentrum für Kunst und Medien

Innovativ und interdisziplinär stellt das Forschungslabor BarabásiLab zurzeit im ZKM auf beeindruckende Art und Weise Arbeiten der letzten 25 Jahre aus. “BarabásiLab. Hidden Patterns“ visualisiert einprägsam und verständlich das, was meist im Verborgenen bleibt und doch allem zugrunde liegt: die verbindenden Netzwerke. Albert-László Barabási, Künstler, Physiker, Netzwerkwissenschaftler und Namensgeber der Forschungsgruppe, studierte zunächst Bildhauerei, wandte sich im Verlaufe dessen jedoch der Physik zu und entwickelte die Theorie komplexer Netzwerke. Das BarabásiLab der Northeastern University setzt sich als Arbeitsgemeinschaft aus Wissenschaftlern, Künstlern und Designern das Ziel, die Komplexität von Netzwerken zu verstehen und als Schnittstelle von Wissenschaft und Kunst Forschungsergebnisse anschaulich in den zwei-, aber auch dreidimensionalen Raum zu bringen.

Die Visualisierung empirischer Daten wie Parametern, Korrelationen und Mustern, das Herausarbeiten vom unsichtbaren zum sichtbaren Datengebilde, welches skulptural und plastisch erkennbar wird, stellt einen faszinierenden neuen Ansatz zur Sicht auf die Welt dar. Im Großen wie im Kleinen wird Forschung anschaulich. Etwa bei dem Projekt “Cosmic Web“, in welchem die Ursprünge des kosmischen Netzes aus Daten zu 24.000 Galaxien zusammengetragen und nachgezeichnet wurden, oder in “Connectome“ (2019), das per 3-D-Darstellung das neuronale Netzwerk einer Maus zeigt und damit neue Zugänge zum Verständnis von Gehirnfunktionen und Verschaltungen eröffnet. Wie interessant Netzwerkstrukturen auch im Zusammenhang mit Kunst sind, verdeutlicht das „CyberArt Network“, welches ansonsten verborgene Beziehungen des digitalen Kunstmarktes offenlegt, oder “The Art Network“, für das die Gruppe enorme Mengen von Daten vergangener Ausstellungen (eine halbe Million) auswertete, um eine Übersicht über Zusammenhänge von Institutionen und deren Auswirkungen auf die Laufbahn von Kunstwerken und Künstlern zusammenzustellen.

Hochaktuell sind die Arbeiten zum Thema menschliche Mobilität. Verschiedene auf anonymisierten Mobilfunk- und Twitterdaten basierende Visualisierungen stellen räumlich-zeitliche Bewegungsmuster von Menschen und deren Vorhersagbarkeit dar. Wie aussagekräftig und aktuell die Arbeiten sind, zeigt sich seit Ausbruch der Corona-Pandemie. Im Projekt “Viruses“ wurde bereits 2009 die Verbreitung von Viren über Ländergrenzen innerhalb Europas untersucht, indem ein Mobilfunkvirus kartiert und dessen verstecktes Übertragungsmuster nachvollzogen wurde. Erschreckend ähnelt das Muster dem, was der asymptomatischen Ausbreitung der Corona-Infektionen auch real entsprach. Eine der neuesten Arbeiten “My 21st Century, Breathing New York“ (2020), verkörpert durch animierte atmende Lungenflügel den Umfang von Mobilität vor und nach dem ersten Lockdown in Manhatten und visualisiert eindrucksvoll und anrührend aktuelle Zeitgeschichte. Das BarabásiLab verwandelt komplexe Theorie in ästhetische, bildende Kunst im doppelten Wortsinn.

 

 

BarabásiLab. Hidden Patterns. Netzwerkdenken
bis zum 16.1.2022
ZKM | Zentrum für Kunst und Medien
Lorenzstr. 19
D-76135 Karlsruhe
Tel.: +49-721-81000
Mi – Fr 10 – 18 Uhr, Sa + So 11 – 18 Uhr
Eintritt: 7 €, erm. 2,50 – 5 €
www.zkm.de

Text: Johanna Bayram
Bild: ZKM – Zentrum für Kunst und Medien
Erstveröffentlichung in kunst:art 80