Witz und Wirtschaft

17.7. – 10.10.2021 | Kunsthalle Wien Karlsplatz

Was erzählt die Verwandlung eines Firmenlogos über das Verhältnis zur Natur? Der Video- und Performancekünstler Ho Rui An lässt in seinem anderthalbminütigen Film „Shell Revolution“, einer 3D-Animation, das Wahrzeichen der Benzinmarke seine Transformation über ein Jahrhundert weg vollziehen: In fortwährender Rotation wandelt es sich vom naturalistischen Abbild einer eleganten Muschel über zahlreiche Zwischenstufen zum heutigen, massiv wirkenden abstrakten Zeichen. Gleichzeitig befindet sich das Logo in rasendem Tiefflug über eine Landschaft und folgt dabei einer sie brutal zerschneidenden Pipeline. Zunehmende Entfremdung von der Natur bis hin zu brutaler Umweltzerstörung gerinnt hier zum einprägsamen Bild, bei dem Verblüffung, Beeindrucktsein und gelindes Entsetzen fein ausbalanciert sind.

Das Thema des mit vielen Preisen ausgezeichneten, aus Singapur stammenden jungen Künstlers ist der globale Kapitalismus mit seinen Verwerfungen. Die Medien sind dabei höchst vielgestaltig, angesiedelt sind sie aber allesamt an der Schnittstelle von zeitgenössischer Kunst, Film, Wirtschaftstheorie und -geschichte. Das mag zunächst einmal eher abstrakt, gar dröge klingen, die Auftritte des Künstlers mit faktensatten „Lectures“ könnten zu einschlägigen Befürchtungen Anlass geben. Aber das einleitende Beispiel ist ein Beleg dafür, dass bei aller Theorie der Witz definitiv nicht zu kurz kommt. Die Wiener Kunsthalle in ihrem Quartier am Karlsplatz stellt mit „The End of a Long Boom“ Ho Rui An als einen Künstler vor, der die „Lecture“ zur Performance machen kann!

 

 

Ho Rui An. The Ends of a Long Boom
17.7. – 10.10.2021
Kunsthalle Wien Karlsplatz
Treitlstr. 2
A-1040 Wien
+43-1-52189-0
Di – So 11 – 19 Uhr, Do 11 – 21 Uhr
Eintritt frei
www.kunsthallewien.at

Text: Dieter Begemann
Bild: Kunsthalle Wien Karlsplatz
Erstveröffentlichung in kunst:art 80

Über Dieter Begemann 266 Artikel
Begemanns Blog: Sternschnuppen An dieser Stelle soll es um ästhetische Sternschnuppen gehen und, wie es die Schnuppen so machen, sollen sie hin und her zischen auf manchmal verblüffenden Kursen – kreuz und quer! Ich konnte (und musste zum Glück mich auch nie) entscheiden zwischen praktisch-bildkünstlerischen und theoretischen Interessen: Ich liebe Malerei und Bildhauerei, begeistere mich für Literatur, bin ein Liebhaber von Baukunst und Design –aber meine absolute Leidenschaft gehört der Gestaltung von Gärten und Autos. Und, eh ich’s vergesse: natürlich dem Film!!