Ein Sofa in einem Museum ist kein schlechter Ort. Es lädt zum entspannten Verweilen und zum Reflektieren über die ausgestellte Kunst ein. Das überdimensionale Sofa, das nun im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum im Rahmen der Ausstellung des Künstlerkollektivs Gelitin zu sehen ist, ist freilich mehr. Das Wiener Kollektiv, das sich aus den Künstlern Ali Janka, Wolfgang Gantner, Tobias Urban und Florian Reither zusammensetzt, ist bei deren oft spektakulären Auftritten stets an einem Austausch zwischen Künstlern, Kunst und Publikum interessiert. Das gigantische Sitzmöbel verweist auf Sigmund Freud, den Begründer der Psychoanalyse. Durch die architektonische Dreiteilung spielt die Ausstellung schließlich auf Freuds Strukturmodell der menschlichen Psyche mit dem Es, dem Ich und dem Über-Ich an.
Die Werke selbst eröffnen den Betrachter eine neue Sichtweise auf die Räume des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum. Die Verbindung von zeitgenössischer Kunst mit historischen Orten lässt das Publikum kulturelle Konventionen und traditionelle Werte hinterfragen. Tabuisierten Themen wie Nacktheit, menschlichen Exkrementen und Genitalien stellt sich das Kollektiv mit entwaffnender Offenheit. Mit ihren sinnlichen und humorvollen Installationen, Performances und Interventionen loten sie nicht nur ihre eigenen Grenzen aus, sondern auch die des Publikums. Ob nun löchrig, schmutzig, doppeldeutig, kindlich, witzig, skandalös, fantastisch, verstörend oder überraschend: Gelitin verhilft den Besuchern des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum auf alle Fälle zu neuen Blickwinkeln.
Gelitin
1.7. – 26.10.2021
Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum
Museumstr. 15
A-6020 Innsbruck
Tel.: +43-512-59489
Di – So 10 – 18 Uhr
Eintritt: 12 €, erm. 9 €
www.tiroler-landesmuseen.at
Text: Stefan Simon
Bild: Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum
Erstveröffentlichung in kunst:art 80
